Was sind Kondensatormikrofone?
Kondensatormikrofone wandeln – wie alle anderen Mikrofone auch – Schallwellen in elektrische Wellen um. Die Funktionsweise beruht auf einem elektrischen Kondensator (engl. Capacitor). Diese Mikrofone bestehen aus einer sehr dünnen, elektrisch leitenden Membran, die direkt neben einer Metallplatte angebracht ist.
Membran und Metallplatte bilden zusammen einen Plattenkondensator. Wenn Schall auftrifft, wird die Membran zum Schwingen angeregt, wodurch sich der Abstand zwischen Membran und Metallplatte ändert. Dadurch ändert sich auch die Kapazität (da diese direkt vom Abstand zwischen Membran und Metallplatte abhängt) und schließlich die Spannung zwischen den Platten (da die Spannung direkt von der Kapazität abhängt).
Diese Spannungsänderungen sind letztendlich ein elektrisches Abbild der Schallwellen – nichts anderes als unsere elektrischen Audiowellen, mit denen wir arbeiten können. Da diese Wellen jedoch sehr klein und schwach sind, haben Kondensatormikrofone einen eingebauten Vorverstärker, der diese Signale so verstärkt, dass sie stark genug sind, um aufgenommen zu werden.
Um sowohl den Vorverstärker als auch die Grundladung des Kondensators zu versorgen, benötigen die meisten Kondensatormikrofone eine externe Stromquelle, die sogenannte Phantomspeisung. Die Phantomspeisung wird normalerweise über dasselbe Kabel zugeführt, das auch das Audiosignal überträgt (in der Regel ein XLR-Kabel).
Kondensatormikrofone mit Doppelmembran
Viele Kondensatormikrofone – vor allem teure Modelle – haben statt einer zwei Membranen. Diese liegen Rücken an Rücken, sodass jede den Schall aus einer Richtung aufnimmt. Dadurch kann die Richtcharakteristik des Mikrofons verändert werden.
Die Signale der beiden Membranen werden im Mikrofon unterschiedlich kombiniert, um die verschiedenen Richtcharakteristiken zu erzeugen. Dabei bleibt die Spannung und Polarität der vorderen Membran immer gleich, während die der hinteren Membran verändert werden kann.
Durch Kombination der beiden Signale und Änderung der Polarität und der Spannung lassen sich die drei wichtigsten Richtcharakteristiken (Niere, Kugel und Acht) sowie alle Zwischenstufen (Superniere, breite Niere usw.) erzeugen. Bei modernen Mikrofonen kann sogar stufenlos zwischen den Richtcharakteristiken umgeschaltet werden.
Große oder kleine Membran?
Kondensatormikrofone unterscheiden sich durch die Größe ihrer Membran und werden daher in zwei Kategorien eingeteilt: Großmembran-zKondensatormikrofone und Kleinmembran-Kondensatormikrofone. Beide Typen haben einen ähnlich detailreichen Klang, weisen aber einige Unterschiede auf.
Kleinmembranmikrofone klingen natürlicher und nehmen den Klang unverfälscht auf. Sie haben eine konstante Richtcharakteristik über das gesamte Frequenzspektrum, während Großmembranmikrofone im unteren Frequenzbereich weniger Richtwirkung haben.
Sie haben eine bessere Impulstreue, da eine kleine Membran den Schallwellen genauer folgen kann, und einen größeren Frequenzbereich als Großmembranmikrofone. Das bedeutet, dass sie sowohl sehr tiefe als auch sehr hohe Frequenzen besser aufnehmen können.
Sie nehmen also bis in die feinsten Details völlig unverfälscht auf und eignen sich daher sehr gut für Instrumente mit vielen Transienten wie Klavier, Gitarre, Percussion oder Schlagzeug.
Dennoch haben Großmembranmikrofone einige klangliche Vorteile, insbesondere bei Sprache und Gesang, da durch die geringere Richtwirkung im unteren Frequenzbereich der Nahbesprechungseffekt gemildert wird und der Sänger sich freier bewegen kann.
Großmembran-Kondensatormikrofone lassen auch alles größer und voller klingen und färben den Klang auf eine sehr angenehme und musikalische Weise. Man kann sagen, dass sie wärmer und charaktervoller klingen als Kleinmembran-Kondensatormikrofone. Deshalb sind sie für Gesang, aber auch für viele andere Instrumente wie Bassdrum, Bass usw. sehr beliebt. Speziell für Soloinstrumente oder allgemein für zentrale Elemente der Produktion.
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist das Eigenrauschen: Kleinmembranmikrofone haben immer ein höheres Eigenrauschen als Großmembranmikrofone, weshalb sie für Sprachaufnahmen nicht geeignet sind, da diese besonders leise sind. Bei der Aufnahme von Instrumenten ist dieses Eigenrauschen jedoch nicht wahrnehmbar.
Welche Vorteile hat ein Kondensatormikrofon gegenüber einem dynamischen Mikrofon?
Kondensatormikrofone haben einige Vorteile gegenüber dynamischen Mikrofonen:
Bessere Impulstreue und Genauigkeit
Kondensatormikrofone werden in der Regel für Studioaufnahmen verwendet, da ihr Klang unglaublich detailliert ist. Es kann feinste Nuancen aufnehmen und liefert eine Präzision, die ein dynamisches Mikrofon konstruktionsbedingt nicht liefern kann. Insbesondere Kleinmembran-Kondensatormikrofone können dynamische Unterschiede und Transienten besser erfassen.
Daher werden Kondensatormikrofone fast immer für professionelle Gesangsaufnahmen im Studio verwendet, da die Stimme oft das wichtigste Element des Songs ist und daher sehr detailliert klingen muss.
Breiterer Frequenzgang
Kondensatormikrofone haben einen breiteren Frequenzgang, d.h. sie können einen sehr großen Frequenzbereich von sehr tiefen bis zu sehr hohen Frequenzen aufnehmen. Dies führt zu einer präziseren und detailreicheren Klangwiedergabe. Speziell die hohen Frequenzen erzeugen den begehrten „High-Fidelity“- oder „High-End“-Sound.
Sie haben in der Regel auch einen neutraleren Frequenzgang als dynamische Mikrofone, d.h. sie haben weniger Anhebungen über das Frequenzspektrum und klingen daher neutraler. Eine Ausnahme sind natürlich Röhrenmikrofone, die den Klang stärker färben. Sie klingen nicht neutral, aber sehr schön und immer noch sehr detailliert.
Wenig Vorverstärkung nötig
Die Membran von Kondensatormikrofonen ist empfindlicher als die von Tauchspulenmikrofonen, daher benötigen Kondensatormikrofone viel weniger Vorverstärkung. Ein zusätzlicher Vorverstärker wie bei dynamischen Mikrofonen, z.B. dem Shure SM7B, ist nicht erforderlich – der im Audio-Interface oder Mischpult eingebaute Vorverstärker reicht aus.
Welche Nachteile hat ein Kondensatormikrofon gegenüber einem dynamischen Mikrofon?
Nicht immer sind Kondensatormikrofone die bessere Wahl – Live verwendet man sowieso immer dynamische Mikrofone, aber auch im Studio gibt es Situationen, wo dynamische Mikrofone besser geeignet sind.
Niedriger maximaler Schalldruckpegel
Kondensatormikrofone können nicht so laute Schallquellen aufnehmen wie dynamische Mikrofone, daher werden z.B. für Schlagzeugaufnahmen im Studio in der Regel dynamische Mikrofone für die Nahmikrofonierung verwendet (für Overhead- oder Raummikrofone werden jedoch Kondensatormikrofone eingesetzt, da diese weiter entfernt sind).
Es gibt aber auch Ausnahmen, z.B. werden Kondensatormikrofone oft für die Bassdrum verwendet, da sie einen tieferen Frequenzgang haben als dynamische Mikrofone. Hier sollte man vorsichtig sein und den Vorverstärker nicht zu stark aufdrehen.
Anfälliger für Rückkopplungen
Kondensatormikrofone sind anfälliger für Rückkopplungen und werden daher nicht live eingesetzt. Das liegt einfach daran, dass die Membran so empfindlich ist, dass sie viel mehr aufnimmt als ein dynamisches Mikrofon.
Eine Ausnahme bilden hier die Overheads für das Schlagzeug, da auch live in der Regel Kondensatormikrofone verwendet werden. Das Schlagzeug ist aber so laut, dass die Gefahr von Rückkopplungen live kaum besteht. Manchmal werden Kondensatormikrofone live auch für andere Instrumente verwendet, aber selten für Sänger, da die menschliche Stimme im Vergleich zu den meisten Instrumenten relativ leise ist.
Der Raum wird viel mehr aufgenommen
Wenn man im Home-Studio keine gute Akustik hat, sind Kondensatormikrofone nicht die beste Wahl, weil sie viel mehr Schallreflexionen des Raumes aufnehmen. Dynamische Mikrofone dagegen nehmen mehr den Schall von vorne auf und weniger die Reflexionen, daher klingen sie in akustisch unbehandelten Räumen besser.
Kondensatormikrofone sollten daher nur bei guter Raumakustik oder in einer Gesangskabine o.ä. verwendet werden.
Wo werden Kondensatormikrofone eingesetzt?
Sie werden in der Regel im Studio eingesetzt, da man hier die akustische Umgebung unter Kontrolle hat und keine Rückkopplungsgefahr besteht. Im Studio können diese Mikrofontypen ihr volles Potenzial entfalten, da sie, wie bereits erwähnt, nur in Räumen mit guter Akustik gut klingen.
Sie sind in der Lage, feinste dynamische Nuancen, Transienten und Details einzufangen, was sie perfekt für Studioaufnahmen macht. Sie klingen einfach hochwertig. Der erweiterte Frequenzbereich (insbesondere die sehr hohen Frequenzen) trägt dazu bei, dass der Klang als „High-End“ oder modern empfunden wird.
Der erweiterte Bassbereich ist ein weiterer Vorteil: Für die Abnahme der Bass Drum werden – auch live – häufig Kondensatormikrofone eingesetzt, da sie die tiefen Frequenzen besser aufnehmen können.
So sind Mikrofone wie das Shure Beta 91A oder das beyerdynamic TG D71 zwei sehr beliebte Kondensator-Grenzflächenmikrofone für die Bass Drum. Sie können die tiefen Frequenzen besser aufnehmen als ein dynamisches Mikrofon und die Positionierung innerhalb der Bass Drum verhindert auch in Live-Situationen Rückkopplungen.
Was ist besser, ein Kondensator- oder ein dynamisches Mikrofon?
Keiner ist „besser“, jeder Mikrofontyp hat verschiedene Vor- und Nachteile, so dass er für verschiedene Anwendungen besser sein kann, aber eben nicht für alles.
Dynamische Mikrofone werden live oder im Studio bei sehr lauten Instrumenten eingesetzt, während die meisten Kondensatormikrofone ausschließlich für Studioanwendungen vorgesehen sind. Die meisten Kondensatormikrofone tolerieren nicht so hohe Schalldruckpegel wie dynamische Mikrofone, klingen aber detaillierter, „größer“ und haben einen breiteren Frequenzbereich.
Dynamische Mikrofone klingen jedoch in akustisch unbehandelten Räumen besser, da sie einfach weniger Schallreflexionen aufnehmen. In einem unbehandelten Raum klingt ein 400€ dynamisches Mikrofon wie das Shure SM7B viel besser als ein 3.000€ Kondensatormikrofon wie das Neumann U87Ai – das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Es gibt also kein generell „besseres“ Mikrofon – jeder Mikrofontyp ist in verschiedenen Aspekten besser. Deshalb sollte jeder Tontechniker/Produzent eine Kombination aus verschiedenen Mikrofonen haben.
Als Gesangsmikrofon empfehle ich z.B. das Rode NT1A als Kondensatormikrofon und das Shure SM7B als dynamisches Mikrofon. Damit kann man nicht nur Gesang in jeder Situation aufnehmen, sondern auch die meisten Instrumente.
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