Gesang aufnehmen im Home-Studio: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

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Gesangsaufnahmen sind wahrscheinlich die wichtigsten Aufnahmen überhaupt - schließlich ist der Gesang das Herzstück eines jeden Songs. Während man mit mittelmäßigen Schlagzeug- oder Bassaufnahmen noch einigermaßen anständige Songs produzieren kann, merkt jeder Zuhörer sofort, wenn der Gesang nicht perfekt ist. Genau deshalb sind Gesangsaufnahmen so wichtig! In diesem Artikel findest du eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Fotos aus meinem Studio dazu.
Inhaltsverzeichnis

Wenn du zu Hause oder im Home-Studio Gesang aufnehmen willst, brauchst du grundsätzlich zwei Geräte: ein Mikrofon und ein Audio-Interface. Damit kannst du theoretisch sofort loslegen! Es gibt aber sehr viele Faktoren, die den Klang der Stimme beeinflussen, deshalb solltest du dir schon vorher einige Gedanken über das Setup machen.

Denn nicht nur das Gesangsmikrofon hat einen großen Einfluss auf den Klang, sondern auch die Akustik des Aufnahmeraums, der Abstand des Sängers zum Mikrofon, der Vorverstärker, der AD-Wandler im Interface und sogar das XLR-Kabel.

Wir werden uns Schritt für Schritt die verschiedenen Prozesse der Gesangsaufnahme anschauen, damit du in deinem Studio immer die bestmöglichen Aufnahmen machst. Egal, ob du dich selbst aufnimmst oder ob jemand anderes zu dir ins Studio kommt, dieser Leitfaden ist für alle gedacht.

Passend dazu: So erstellst du die perfekte Vocal Chain

Schritt 1: Den Raum akustisch optimieren

Das Erste, worüber du dir Gedanken machen solltest, ist die Akustik des Raumes, in dem du den Gesang aufnehmen willst. Die Akustik hat nämlich einen sehr großen Einfluss auf die Qualität der Aufnahme. Wenn du also die Möglichkeit hast, solltest du auf jeden Fall einige akustische Maßnahmen ergreifen.

So könnte die akustische Optimierung eines Raumes aussehen
So könnte die akustische Optimierung eines Raumes aussehen

Wenn du aber keine Möglichkeit hast, etwas an der Akustik des Raumes zu ändern, ist das auch nicht ganz so schlimm – dann solltest du deine Stimme einfach mit einem guten dynamischen Mikrofon aufnehmen und nicht mit einem Kondensatormikrofon, weil dynamische Mikrofone weniger von der Umgebung aufnehmen.

Um jedoch wirklich professionelle Ergebnisse zu erzielen, ist ein Mindestmaß an akustischer Optimierung erforderlich, wenn nicht der gesamte Raum, dann zumindest eine akustische Kabine oder ein Micscreen.

Warum sollte ich den Raum überhaupt akustisch behandeln?

Wenn ein Sänger oder eine Sängerin in einem geschlossenen Raum vor einem Mikrofon singt, dann kommen die Schallwellen über zwei Wege in das Mikrofon hinein:

  • Direktschall: Der Schall, der direkt vom Mund des Sängers in das Mikrofon gelangt (was wir eigentlich wollen).
  • Schallreflexionen: Der Schall, der von der Schallquelle an den Wänden reflektiert wird, um dann ins Mikrofon zu gelangen (was wir nicht wollen).
So gelangen die Schallwellen in einem akustisch unbehandelten Raum zum Mikrofon
So gelangen die Schallwellen in einem akustisch unbehandelten Raum zum Mikrofon

Unser Ziel bei der Optimierung der Raumakustik ist es, Schallreflexionen so weit wie möglich zu vermeiden, indem wir Absorber an Wänden, Decken und Böden anbringen. Ein Absorber hat die Fähigkeit, Schallwellen zu absorbieren, sodass sie nicht mehr reflektiert werden.

Durch das Anbringen von Absorbern an Wänden und Decken werden die Schallwellen absorbiert, so dass keine Schallreflexionen in das Mikrofon gelangen.
Durch das Anbringen von Absorbern an Wänden und Decken werden die Schallwellen absorbiert, so dass keine Schallreflexionen in das Mikrofon gelangen.

Denn die Reflexionen tragen dazu bei, dass die Stimme undeutlich, verschwommen und wie aus der Ferne klingt. Ähnlich wie beim Singen im Badezimmer. Auch Phasenprobleme können auftreten, da die Schallwelle der Reflexion gegenüber dem Direktschall phasenverschoben am Mikrofon ankommt.

Als absolutes Minimum sollten Absorber an den Wänden und Decken in unmittelbarer Nähe des Mikrofons angebracht werden. Zusammen mit einem Teppich direkt zwischen Sänger und Mikrofon absorbieren diese Elemente die ersten Reflexionen der Stimme und der Gesang klingt trockener und klarer.

Am besten ist es jedoch, den gesamten Raum akustisch zu behandeln, mit Absorbern an Wänden und Decke, Teppichen für den Boden und Bassfallen in den Ecken. So kannst du sicher sein, dass der Klang 100% sauber bleibt und keine Reflexionen aufgenommen werden.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, dann schau dir meine Anleitung zur DIY-Optimierung der Raumakustik für wenig Geld an – dort erkläre ich ausführlich, wie man mit wenig Budget eine gute Raumakustik erreichen kann.

Als Zwischenlösung (wenn man nicht den ganzen Raum optimieren will) kann man auch Gesangskabinen verwenden.

Beispiele von 2 Gesangskabinen (Links: t.akustik Vocal Booth, 779€; Rechts: 
Beispiele zweier Gesangskabinen (links: t.akustik Vocal Booth, 779€; rechts: t.akustik Isolation Booth, 2.799€)
Beispiele zweier Gesangskabinen (links: t.akustik Vocal Booth, 779€; rechts: t.akustik Isolation Booth, 2.799€)

Der Klang ist allerdings nicht so angenehm wie in einem akustisch behandelten Raum, da eine Gesangskabine sehr klein ist und die Stimme daher eher unnatürlich klingt. Natürlich viel besser als in einem unbehandelten Raum, aber etwas schlechter als in einem normalen akustisch behandelten Raum.

Eine weitere Zwischenlösung sind Micscreens. Diese sind wie kleine Gesangskabinen, werden aber nur um das Mikrofon herum aufgestellt und sollen verhindern, dass Reflexionen in das Mikrofon gelangen.

Micscreens: t.akustik Vocal Head Booth (398€) und the t.bone Micscreen XL (79€)
Micscreens: t.akustik Vocal Head Booth (398€) und the t.bone Micscreen XL (79€)

Es gibt Modelle wie den t.akustik Vocal Head Booth, den t.bone Micscreen XL oder den Aston Microphones Halo Shadow. Dies ist der letzte Ausweg, wenn keine akustische Behandlung möglich ist und auch keine Gesangskabine gekauft oder gebaut werden kann, da die Absorptionsfähigkeit so kleiner Konstruktionen eher begrenzt ist.

Schritt 2: Richtiges Mikrofon wählen

Jetzt kommt der nächste große Schritt, die Auswahl des Gesangsmikrofons. Wenn man keine gute Raumakustik hat, dann kommen Kondensatormikrofone gar nicht in Frage, sondern nur dynamische Mikrofone. Und da ist die Auswahl auch nicht so groß, deshalb empfehle ich in diesem Fall immer, ein Shure SM7B zu nehmen.

Das Shure SM7B ist das beste Mikrofon für Gesangsaufnahmen, wenn man keine gute Raumakustik hat.
Das Shure SM7B ist das beste Mikrofon für Gesangsaufnahmen, wenn man keine gute Raumakustik hat.

Das ist ein legendäres Mikrofon, das sehr natürlich klingt (fast wie ein Kondensatormikrofon), aber die Umgebung nicht so stark aufnimmt wie ein Kondensatormikrofon. Es hat einen sehr guten Frequenzgang und klingt unglaublich klar und detailreich.

Wenn die Akustik des Raumes gut ist, dann solltest du ein Kondensatormikrofon nehmen. Diese klingen natürlicher, klarer und präziser. Wenn das dein allererstes Mikrofon sein wird, dann willst du ein Mikrofon haben, dass so neutral wie möglich klingt.

Viele Mikrofone haben Anhebungen in bestimmten Frequenzbereichen, wodurch sie für bestimmte Situationen besser geeignet sind, aber nicht für alle. Deshalb würde ich nie ein Röhrenmikrofon als erstes Mikrofon empfehlen, da es nur für bestimmte Situationen geeignet ist. Ein neutrales Mikrofon hingegen kann von jedem Sänger oder jeder Sängerin für jeden Song verwendet werden! Beim Mischen kann man das Mikrofon dann mit dem EQ so bearbeiten, dass am Ende die gewünschte Klangfarbe herauskommt.

Als erstes Kondensatormikrofon kaufen viele Produzenten das Rode NT1A – so auch ich – und das ist eine sehr gute erste Wahl. Dieses Mikrofon ist relativ neutral (es hat eine kleine, aber minimale Anhebung in den mittleren Frequenzen, die der Stimme sehr gut tut) und klingt klar und deutlich, wie gute Kondensatormikrofone.

Das Rode NT1A ist ein tolles Mikrofon für Gesangsaufnahmen, das nicht viel kostet und trotzdem einen glasklaren Sound liefert
Das Rode NT1A ist ein tolles Mikrofon für Gesangsaufnahmen, das nicht viel kostet und trotzdem einen glasklaren Sound liefert

Für knapp 250 Euro gibt es das Rode NT1, das etwas besser klingt. Wenn man etwas mehr Geld zur Verfügung hat, sind Mikrofone wie das AKG C414 oder das Neumann TLM 103 ein sehr guter Einstieg in den High-End-Bereich.

Und wenn du ein Profi bist und mit deiner Musik wirklich Geld verdienst/verdienen willst, dann lohnt sich die Investition in das bekannteste High-End-Vokalmikrofon der Welt, das Neumann U87. Es ist zwar sehr teuer – knapp 3.000 € mit Spinne – aber es ist einfach ein Universalmikrofon, das bei jedem Sänger gut klingt. Nicht umsonst ist es das meistverwendete Mikrofon in professionellen Studios.

Ich selbst verwende das Neumann U87Ai fast immer, wenn ich in meinem Studio einen Sänger oder eine Sängerin aufnehme.
Ich selbst verwende das Neumann U87Ai fast immer, wenn ich in meinem Studio einen Sänger oder eine Sängerin aufnehme

Wenn du mehr über Gesangsmikrofone erfahren möchtest, empfehle ich dir meinen Artikel über die 8 besten Mikrofone für Rapper und Sänger. Dort vergleiche ich ausführlich die besten Mikrofone für Gesangsaufnahmen.

Schritt 3: Mikrofon im Raum platzieren

Wenn der Raum akustisch optimiert ist, ist es fast egal, wo du das Mikrofon aufstellst, solange es etwas von der Wand entfernt ist und nicht genau in der Mitte. Das Mikrofon sollte dann so aufgestellt werden, dass der Sänger oder die Sängerin mit dem Rücken zur nächsten Wand steht, sodass er oder sie in den Raum hinein singt und nicht gegen die Wand.

Bei Kondensatormikrofonen muss immer ein Popschutz verwendet werden, um Plosivlaute und andere Störgeräusche, die durch das Ausstoßen von Luft aus dem Mund entstehen, zu minimieren.

Wie man sieht, steht der Sänger hier mit dem Rücken zur Ecke und singt in den Raum hinein. An den Wänden in der Nähe sind überall Absorber angebracht, um die Reflexionen zu absorbieren.
Wie man sieht, steht der Sänger hier mit dem Rücken zur Ecke und singt in den Raum hinein. An den Wänden in der Nähe sind überall Absorber angebracht, um die Reflexionen zu absorbieren.

Wenn der Raum akustisch nicht so gut klingt, sollte man einfach verschiedene Plätze ausprobieren – manchmal klingt es dort gut, wo große Möbel in der Nähe sind, weil sie auch etwas Schall absorbieren. Dann ist es wichtig, nicht in einer Ecke oder nahe an der Wand zu singen, weil dort die akustischen Probleme am deutlichsten sind. Am besten auf etwa 1/4 der Raumlänge.

Das Mikrofon sollte in der richtigen Höhe aufgestellt werden, sodass sich die Kapsel des Mikrofons auf der gleichen Höhe wie der Mund des Sängers befindet, vielleicht sogar noch etwas höher. Wenn das Mikrofon eine Nierencharakteristik hat, sollte der Sänger etwas vom Mikrofon entfernt sein, mindestens 10 cm. Wenn man näher kommt, wird der Bassbereich durch den Nahbesprechungseffekt betont und die Stimme klingt unnatürlich und undeutlich.

Bei schlechter Raumakustik sollte näher am Mikrofon gesungen werden, damit die Schallreflexionen im Vergleich zum Direktschall wesentlich leiser aufgenommen werden.

Bei Mikrofonen mit Kugelcharakteristik, wie z.B. dem AKG C414 oder dem Neumann U87, ist das nicht der Fall – hier kann man so nah rangehen, wie man will, die Stimme bleibt natürlich.

Schritt 4: Die Aufnahme vorbereiten

Der nächste Schritt ist die Vorbereitung der Aufnahme. Am besten, bevor der Sänger ins Studio kommt, sonst muss er unnötig warten. Denn nichts verdirbt einem Sänger oder einer Sängerin mehr die Laune, als wenn er oder sie vor dem Mikrofon warten muss, während du an der DAW noch nach dem richtigen Eingangskanal suchst.

Auf der Suche nach der richtigen Spur im großen DAW-Projekt
Auf der Suche nach der richtigen Spur im großen DAW-Projekt

Zur guten Vorbereitung einer Gesangsaufnahme gehört:

  • Die Spur, auf der der Sänger aufnimmt, mit dem richtigen Eingangskanal und eventuell den richtigen Effekten vorbereiten. Ich selbst benutze immer einen leichten Kompressor und etwas Hall. Das Mikrofon muss mit einem XLR-Kabel mit dem Interface verbunden werden und in der DAW muss eine Spur erstellt werden, in der man den richtigen Eingangskanal des Interfaces wählt.
  • Die musikalische Begleitung für die Aufnahme muss stehen. Unabhängig davon, ob es sich um einen fertigen Beat oder eine halbfertige Produktion handelt, ist es wichtig, dass der Sänger eine Begleitung hat, zu der er singen kann. Aus diesem Grund wird bei kompletten Songproduktionen der Gesang oft als letztes aufgenommen, sodass alle anderen Elemente bereits feststehen.
  • Eine Flasche Wasser für den Sänger mitbringen.
  • Ein Notenständer für den Liedtext, falls der Sänger den Text nicht auswendig kann.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Performance eines Sängers viel besser ist, wenn er den Text auswendig kann. Nicht alle Sänger können den Text auswendig, aber es lohnt sich, das Lied vor der Aufnahme ausgiebig zu üben, damit man alles verinnerlicht hat.

Es ist auch sehr wichtig, dass der Sänger sich sehr wohl fühlt, denn nur dann kann er die beste Leistung bringen. Wenn du für dich selbst aufnimmst und selber singst, dann gilt das gleiche: schaffe eine Atmosphäre, in der du dich wohl und entspannt fühlst. Manche schwören auf besondere LED-Beleuchtung, um die Atmosphäre zu schaffen. Letztendlich ist es eine persönliche Frage.

Nimm dir Zeit und mache so viele Takes wie nötig, bis du 100% zufrieden bist. Denn nichts ist wichtiger als die Aufnahme – kein gutes Editing, Mixing oder Mastering kann eine schlechte Gesangsaufnahme retten.

Monitoring

Bei Gesangsaufnahmen bekommt der Sänger einen Kopfhörer, damit er sich zusammen mit der Musik durch das Mikrofon hören kann. Es müssen unbedingt geschlossene Kopfhörer verwendet werden, damit die Musik nicht durch die Kopfhörer zurück ins Mikrofon dringt (ein wenig dringt sowieso durch, aber das ist kein Problem, solange es im Verhältnis zum Sänger sehr leise ist, und das ist bei geschlossenen Kopfhörern immer der Fall).

Es sollten immer geschlossene Kopfhörer verwendet werden, da sich der Kopf des Sängers sehr nahe am Mikrofon befindet.
Es sollten immer geschlossene Kopfhörer verwendet werden, da sich der Kopf des Sängers sehr nahe am Mikrofon befindet

Wenn noch andere Personen im Raum sind, wie z.B. der Tontechniker oder Freunde, dann müssen diese auch Kopfhörer haben, um mithören zu können. Wenn man einen separaten Abhörraum hat, brauchen diese Personen keine Kopfhörer und können ganz normal über die Studiomonitore mithören.

Schritt 5: Richtig einpegeln

Wenn alles steht, ist es Zeit, das Mikrofon richtig einzupegeln. Ich persönlich lasse den Sänger das Lied immer ein paar Mal singen. So habe ich Zeit, richtig einzupegeln, und er kann seine Stimme aufwärmen und mir sagen, ob er sich gut hört.

Du nimmst wahrscheinlich digital mit einer Auflösung von 24 Bit auf (alle modernen Audio-Interfaces haben diese Auflösung), was bedeutet, dass du nicht mehr wie früher sehr nahe an der oberen Lautstärkegrenze aufnehmen musst. Bleib also weit weg vom roten Bereich! Eine Übersteuerung während der Aufnahme ist fast nicht mehr zu retten.

Dies wäre ein guter Pegel im Eingangskanal des Gesangs.
Das wäre ein guter Pegel im Eingangskanal des Gesangs

Man kann dann beim Mischen ohne Probleme die Lautstärke aufdrehen und hat trotzdem keine Rauschprobleme, weil der Dynamikumfang bei 24 Bit so groß ist (144 dB). Früher hatte man mit 16 Bit einen viel geringeren Dynamikumfang (96 dB) und musste deshalb so laut wie möglich aufnehmen.

Wenn du mehr über das Konzept der Bittiefe und des Dynamikumfangs erfahren möchtest, empfehle ich dir meinen Artikel über Abtastrate (Sample Rate) und Bittiefe (Bit Depth) in der digitalen Audiowelt.

Zum Einpegeln gehört aber auch – und das ist sehr wichtig -, dass der Sänger oder die Sängerin sich selbst gut hört, nicht zu leise. Denn sonst singt er während der Aufnahme viel zu laut, um zu kompensieren. Natürlich muss man bei bestimmten Genres leiser drehen, wenn man weiß, dass der Sänger schreien wird, z.B. bei Heavy Metal, aber in der Regel ist das eher selten der Fall.

Der Sänger soll einmal singen und dabei mit der Hand signalisieren, ob er sich lauter oder leiser hören möchte, bis die perfekte Lautstärke erreicht ist. Die Lautstärke des Sängers sollte aber über einen separaten Monitorregler, wie z.B. einen Send-Out oder ähnliches, eingestellt werden und nicht über den Eingangspegel. Der Eingangspegel ist nur wichtig, damit die Lautstärke in der DAW stimmt. Stelle den Monitoring-Pegel erst ein, nachdem du den Eingangspegel eingestellt hast.

Schritt 6: Aufnehmen

Jetzt ist es Zeit für die Aufnahme. Grundsätzlich gibt es zwei Herangehensweisen an Gesangsaufnahmen:

  • Alles auf einmal aufnehmen. Man nimmt den ganzen Song in einem Take auf und wiederholt diesen Vorgang so oft, bis man 3 oder 4 gute Takes hat, mit denen man später arbeiten kann. Diese Methode wird von einigen Sängern bevorzugt, vor allem von denen, die viel Live-Erfahrung haben.
  • Die einzelnen Parts werden Schritt für Schritt aufgenommen. Diese Methode ist zwar etwas mühsamer, wird aber von den meisten Sängern im Studio bevorzugt, da man sich immer genau auf die einzelnen Parts konzentrieren kann. Hier kann man den Song in beliebig kleine Abschnitte unterteilen, also z.B. erst die erste Strophe, dann die zweite Strophe, dann den Refrain usw. aufnehmen. Anschließend müssen die Parts vom Tontechniker zusammengeschnitten werden.

Beide Methoden können sehr gute Ergebnisse liefern – welche man wählt, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Ich empfehle immer, von jedem Teil des Songs mindestens zwei oder drei gute Takes zu haben, die man für perfekt hält und mit denen man später beim Mischen arbeiten kann. Denn oft stellt man später beim Mischen Probleme fest, die man beim Aufnehmen nicht bemerkt hat, weil man zum Beispiel die Stimme beim Mischen stark komprimiert wird.

Da ist es sehr hilfreich, einen weiteren Take in der Reserve zu haben, bei dem vielleicht genau das an dieser Stelle nicht passiert (z.B. wenn der Sänger versehentlich gegen den Notenständer tritt). Du kannst einfach verschiedene Takes im selben Track aufnehmen (in Pro Tools nennt man das Playlists, in Ableton Take Lanes) und später beim Mischen mit wenigen Klicks beide Aufnahmen zum selben Zeitpunkt vergleichen und die beste auswählen.

Wenn die Aufnahmesession zu lang wird, sollte man immer wieder Pausen einbauen, da die Konzentration des Künstlers mit der Zeit nachlässt. Eine Aufnahmesession sollte nicht länger als 3 Stunden dauern – geübte Sängerinnen und Sänger können natürlich auch länger durchhalten -, da danach wahrscheinlich nichts Gutes mehr herauskommen wird.

Pausen sind bei langen Gesangsaufnahmen immer wichtig, da sonst die Leistung nachlässt.
Pausen sind bei langen Gesangsaufnahmen immer wichtig, da sonst die Leistung nachlässt.

Meine Erfahrung bei Aufnahmen mit vielen Sängerinnen und Sängern hat mir gezeigt, dass bei den meisten der erste oder zweite Take in der Regel der beste ist, weil man einfach mit freiem Kopf singen kann, während beim zwanzigsten Take schon so viel durch den Kopf geht, dass man sich kaum noch konzentrieren kann.

Aber jeder Sänger ist anders – es gibt auch Sänger, die 5 Takes brauchen, um überhaupt warm zu werden. Hier muss jeder Sänger selbst entscheiden, wie viele Takes er braucht.

Schritt 7: Basics zu Vocal-Mixing

Bei der Aufnahme sollten die Vocals nicht fertig abgemischt werden, aber es kann sich lohnen, ein paar Effekte einzufügen, um die Performance besser klingen zu lassen und den Sänger zu motivieren. Dazu gehört normalerweise Hall (aber nicht zu viel), damit die Stimme nicht so trocken klingt. Bei Hip-Hop-Aufnahmen zum Beispiel hilft auch ein Kompressor, um der Stimme etwas mehr Druck zu verleihen.

Wenn der Sänger aufgrund des Raumes sehr nah am Mikrofon singen muss, kann es sich lohnen, auch während der Aufnahme einen EQ einzusetzen, um dem Nahbesprechungseffekt etwas entgegenzuwirken. Dazu wird einfach der Bass etwas abgesenkt, sodass die Stimme wieder natürlicher klingt.

All dies ist nicht zwingend notwendig, kann aber dazu beitragen, dass der Sänger besser klingt, was wiederum seine Stimmung und Motivation steigert und letztendlich zu einer besseren Gesangsaufnahme führt.

Wenn du mehr über Vocal-Mixing erfahren möchtest, empfehle ich dir meine ausführliche Mixing-Anleitung, in der ich auch das Mischen von Vocals erkläre.

Fazit

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, wie wichtig die Gesangsaufnahme für die Produktion eines Songs ist. Ich würde sogar sagen, das Wichtigste überhaupt. Ohne eine gute Gesangsaufnahme wird es nie einen guten Song geben, egal wie gut man nachbearbeitet. Sogar der berühmte Auto-Tune benötigt relativ „gute“ Gesangsaufnahmen, um den gewünschten Effekt zu erzielen.

Man muss sich also immer Zeit nehmen und diesen Prozess so oft wiederholen, bis man die Aufnahme so gut wie möglich gemacht hat. Man darf sich aber auch nicht verrückt machen lassen und muss seine eigenen Grenzen oder die des Sängers kennen – hier ist es sehr gut, wenn eine zweite Person zuhört.

Irgendwann erreicht man einen Punkt, an dem man sich objektiv fragen muss, ob eine bessere Performance überhaupt realistisch ist. Denn ein Sänger, der seine erste Studiosession macht, kann nicht erwarten, wie sein geliebter Topstar zu klingen.

Hier findest du weitere detaillierte Anleitungen zur Aufnahme im Home Studio:

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