Was ist ein Vocoder?
Ein Vocoder (kurz für „Voice Encoder“) ist ein Gerät oder ein Software-Algorithmus, der in der Lage ist, die charakteristischen Eigenschaften einer menschlichen Stimme (oder eines anderen Audiosignals) zu analysieren und zu synthetisieren.
Das Ergebnis ist eine roboterhafte, unnatürliche Stimme, die für bestimmte musikalische Situationen und Genres geeignet sein kann. Der Klang eines Vocoders wird oft als „sprechender Synthesizer“ bezeichnet. Dieser Effekt ist im folgenden Video sehr gut zu hören:
Ursprünglich wurde der Vocoder in den 1930er Jahren für militärische Zwecke entwickelt, um die Bandbreite der Telefonübertragung zu reduzieren. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er für die verschlüsselte Sprachkommunikation eingesetzt – allerdings fand das Gerät mehr Popularität unter Musikern.
Wie funktioniert ein Vocoder?
Ein Vocoder manipuliert den Klang einer Stimme, indem er sie in ihre einzelnen Frequenzbänder zerlegt und diese dann verwendet, um ein anderes Audio-Signal – den sogenannten „Träger“ – zu modulieren. Das bedeutet, dass er die rhythmischen und melodischen Eigenschaften der ursprünglichen Stimme nimmt und sie auf den Träger überträgt, was zu einem völlig neuen Klang führt.
Bei der Arbeit eines Vocoders gibt es grundsätzlich 3 wichtige Schritte:
- Analyse: Der Vocoder analysiert das „Modulator“-Signal, normalerweise eine menschliche Stimme, und teilt es in verschiedene Frequenzbänder auf. Diese Zerlegung wird durchgeführt, um die verschiedenen charakteristischen Frequenzen der Stimme zu isolieren (wie die Formanten, die für bestimmte Vokale charakteristisch sind).
- Modulation: Die Amplituden (oder Lautstärken) dieser Frequenzbänder werden dann verwendet, um das „Träger“-Signal (Synthesizer) zu modulieren. Der Träger kann jede Art von Audio-Signal sein, oft ein Synthesizer oder ein musikalisches Instrument. Jedes Frequenzband des Trägersignals wird entsprechend der Amplitude des entsprechenden Frequenzbands im Modulatorsignal verstärkt oder abgeschwächt.
- Synthese: Zuletzt wird das Trägersignal ausgegeben, nachdem es die verschiedenen Filter und Modulatoren durchlaufen hat. Auf diese Weise wurde das Modulatorsignal (Stimme) auf das Trägersignal (Synthesizer) abgebildet oder „kopiert“. Der Synthesizer kann dadurch die menschliche Stimme nachbilden.
Das Ergebnis dieser Prozesse ist ein Audiosignal, das die rhythmischen und melodischen Merkmale der Originalstimme aufweist – man kann die Wörter und Sätze noch verstehen -, aber den klanglichen Charakter des Trägersignals (eines Synthesizers) hat. Es kann als „gesungene“ oder „gesprochene“ Version des Trägersignals wahrgenommen werden, oft mit einem mechanischen oder „roboterhaften“ Klang.
Die Töne werden normalerweise über ein Keyboard gesteuert, aber man kann auch MIDI verwenden, um die Melodie vorher zu schreiben, sodass man nur noch sprechen muss.
Geschichte
Erstmals experimentiert wurde mit dem Vocoder 1928 durch den Ingenieur Homer Dudley, der es auch patentieren ließ. Es wurde im SIGSALY-System zur verschlüsselten Kommunikation während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt. Seit den 1970er Jahren wurden die meisten nicht-musikalischen Vocoder mit der Yule-Walker-Gleichung implementiert, die den allpoligen IIR-Filter zum Verarbeiten des Signals verwendet.
In der Musik wurde der Vocoder zunächst in den 1970er Jahren populär. Wendy Carlos und Robert Moog entwickelten 1970 einen der ersten musikalischen Vocoder. Das Trägersignal kam von einem modularen Synthesizer von Moog und der Modulator von einem Mikrofon. Dieser Vocoder wurde in mehreren Aufnahmen verwendet, darunter im Soundtrack zu Stanley Kubricks Film A Clockwork Orange. Das erste Rockalbum, das einen Vocoder enthielt, war Bruce Haacks The Electric Lucifer von 1970.
In jüngster Zeit haben Künstler wie Daft Punk und Eiffel 65 den Vocoder in der Popmusik prominent eingesetzt. Der Vocoder-Sound ist zu einem markanten Merkmal des französischen Elektronik-Duos Daft Punk geworden und der deutschen Band Kraftwerk.
Ein Vocoder benötigt nicht immer eine menschliche Stimme.
Das Modulationssignal muss nicht immer eine menschliche Stimme sein – man kann theoretisch jede Audioquelle verwenden. Man könnte z.B. auch eine E-Gitarre oder ein Cello nehmen – allerdings ist der Effekt dann nicht so krass, da diese Audioquellen von sich aus schon eher dem Klang eines Synthesizers ähneln. Die „Verwandlung“ ist also nicht so auffällig.
Kraftwerk benutzten nicht immer ihre eigene Stimme im Vocoder, sondern manchmal auch die eines medizinischen Sprachcomputers (der eigentlich für Menschen gedacht ist, die nicht sprechen können). Das Ergebnis war eine sehr roboterhafte Stimme, die sehr futuristisch klang.
Aufbau eines Vocoders
Der klassische Vocoder sieht aus wie ein Synthesizer – letztendlich ist er auch einer. Der große Unterschied besteht darin, dass der Vocoder ein Mikrofon hat, ein sogenanntes Schwanenhalsmikrofon. Damit kann der Musiker sprechen, während er auf der Tastatur spielt, um die Tonhöhe zu steuern. In den meisten Fällen ist die Tastatur mit in dem Gerät eingebaut.
Moderne Vocoder gibt es auch als Plugin für die DAW. Dann muss man nur noch ein Mikrofon an das Audio-Interface anschließen, den entsprechenden Eingang als Audioquelle wählen und schon kann es losgehen.
Der iZotope VocalSynth 2 oder der Waves Morphoder sind beliebte Vocoder-Plugins, die sich auf jeden Fall lohnen.
Es gibt zwei legendäre Vocoder, die in der Musikgeschichte häufig verwendet wurden und heute ein Vermögen kosten: der Korg VC-10 (ca. $2000) und der Roland VP-33 (ca. $4000). Aufgrund ihres Bekanntheitsgrades und der Tatsache, dass sie nicht mehr produziert werden, sind ihre Preise in die Höhe geschossen. Beide haben das charakteristische Design eines Vocoders mit Tastatur, Mikrofon und Synthesizer-Parametern.
Vocoder vs Talkbox
Obwohl Vocoder und Talkbox häufig in der Musikindustrie eingesetzt werden, um ähnliche Effekte zu erzeugen, funktionieren sie auf sehr unterschiedliche Weise.
Ein Vocoder kombiniert oder „kodiert“, wie wir gesehen haben, zwei Signale, normalerweise eine menschliche Stimme (der Modulator) und ein Musikinstrument, oft ein Synthesizer (der Träger). Das Gerät analysiert die spektralen Eigenschaften des Modulators und wendet sie auf den Träger an.
Eine Talkbox funktioniert etwas anders. Sie leitet den Ton eines Instruments, meist einer Gitarre oder eines Synthesizers, durch ein Rohr, das der Musiker in den Mund nimmt. Die Lippen und der Mund des Musikers formen dann den Klang, während ein Mikrofon die resultierenden Töne aufnimmt. Die Talkbox nutzt den Mund des Musikers als „Formantfilter“, um den Klang des Instruments zu verändern.
Man kann also sagen, dass ein Vocoder das Klangspektrum einer Stimme auf ein anderes Signal überträgt, während eine Talkbox das Timbre eines Instruments mit der Artikulation eines Sängers formt. Daher kann ein Vocoder normalerweise mehrere Töne oder Akkorde gleichzeitig spielen (polyphon), während eine Talkbox normalerweise nur ein Tonsignal spielen kann (monophon), da die menschliche Stimme nur einen Ton gleichzeitig artikulieren kann.
Beste Vocoder in 2023
Arturia Microfreak
Der Arturia Microfreak ist kein reiner Vocoder, sondern eher ein Synthesizer, der Vocoder-Funktionen enthält. Dafür muss man allerdings das passende Mikrofon von Arturia kaufen, kostet aber nur 29€. Der Vorteil ist, dass man alle Effekte vom Synthesizer auch auf die Stimme anwenden kann – man hat also unendlich viele Klangverformungsmöglichkeiten.
Die LFO-Wellenform kann von Sägezahn über Puls bis hin zu Noise verändert werden, und der Vocoder-LFO ist genauso modulierbar und filterbar wie die Synthesizer-LFOs. Besonders hervorzuheben ist bei diesem Synthesizer die PCB-Tastatur, die nicht nur auf Berührung, sondern auch auf Druck reagiert. Der Druckgrad kann auf verschiedene Parameter gemappt werden und ermöglicht so eine Menge an Ausdrucksmöglichkeiten während des Spielens.
Empfehlenswert für Produzenten, die neben dem Vocodersound noch viele weitere Klänge erzeugen wollen – dieses Gerät kennt keine Grenzen.
Link: Arturia MicroFreak (319 €)
Behringer Vocoder VC340
Behringer ist mittlerweile dafür bekannt, alle Synthesizer-Klassiker nachzubauen – so auch den VC340. Er ist ein Klon des legendären VP-330 von Roland, der heutzutage nur noch schwer zu finden ist. Er bietet eine außergewöhnliche Performance und Klangqualität zu einem erstaunlich günstigen Preis, was typisch für die Philosophie von Behringer ist.
Die Vocoder-Funktion des VC340 ist zweifellos das Highlight dieses Geräts. Er ist in der Lage, die charakteristischen „sprechenden Synthesizer“-Sounds zu erzeugen, die das Original so berühmt gemacht haben. Man kann seine eigene Stimme oder jedes andere Audiosignal über das mitgelieferte XLR-Mikrofon in den Vocoder einspeisen, und das Ergebnis klingt unglaublich gut. Der Klang ist identisch zum Roland.
Die integrierten Chorus-, Vibrato- und Ensemble-Effekte sind tolle Extras, um den Klang der Stimme noch breiter und dynamischer zu gestalten. Es lassen sich sogar Streichersounds erzeugen, die für einen Vocoder untypisch sind und eher an einen polyphonen Synthesizer erinnern.
Link: Behringer Vocoder VC340 (515 €)
Novation MiniNova
Der Novation MiniNova ist mehr als nur ein Vocoder – er ist ein vollständiges digitales Synthesizer mit Extra-Vocoder-Funktion. Dieser verfügt über 12 Bänder und kann sehr viele „sprechenden Synthesizer“-Effekten erzeugen. Ein nützliches Feature ist das im Lieferumfang enthaltene Gooseneck-Mikrofon, das direkt an die Vorderseite des Synthesizers angeschlossen wird und eine einfache Bedienung ermöglicht.
Ein tolles Extra ist die Vocal-Tune-Funktion, mit der die Stimmlage korrigiert werden kann (wie beim klassischen Auto-Tune). Auto-Tune unterscheidet sich vom Vocoder dadurch, dass nur ein Signal (die Stimme) verwendet wird. Man hört also am Ausgang nur die gepitchte Stimme und nicht das Trägersignal wie beim Vocoder.
Link: Novation MiniNova (399 €)
Korg Micro Korg
Der Micro Korg ist seit 2002 auf dem Markt und hat sich seitdem kaum verändert – weil es nichts zu verbessern gibt.
Er verfügt über einen virtuell-analogen Synthesizer mit 37 Minitasten und 128 vorprogrammierten Sounds. Trotz seiner kompakten Größe bietet der MicroKorg eine erstaunliche Klangvielfalt, die von klassischen analogen Klängen bis hin zu modernen, kantigen digitalen Sounds reicht. Die Sounds können einfach über die fünf Drehregler auf der Oberseite des Synthesizers eingestellt werden, was eine intuitive und einfache Klangmanipulation ermöglicht.
Was uns aber am meisten interessiert, ist der 8-Band Vocoder. Mit einem abnehmbaren Schwanenhalsmikrofon, das in den Synthesizer gesteckt wird, lassen sich klassische Vocoder-Klänge erzeugen. Von Roboterstimmen bis hin zu singenden Synthesizern bietet der MicroKorg Vocoder eine große Bandbreite an Klangformungsmöglichkeiten und kann sogar externe Audioquellen mit Effekten versehen.
Besonders hilfreich finde ich bei diesem Gerät, dass man alle Parameter auch am PC oder Mac über den microKORG Sound Editor einstellen kann, was die Bedienung enorm erleichtert.
Link: Korg Micro Korg Analog Modelling Synthesizer (399 €)
Boss VO-1
Wer Pedale mag, ist mit dem VO-1 gut bedient. Dieses Vocoder-Pedal verwendet ein normales Instrumentensignal (am besten das einer E-Gitarre), das dann mit der Stimme moduliert wird. Neben zwei Vocoder-Sounds (Advanced für moderne Sounds, Vintage für den klassischen Vocoder-Sound der 70/80er Jahre) gibt es auch eine Talkbox-Funktion, die den Klang von Talkboxen emuliert, ohne dass man den charakteristischen Schlauch benötigt.
Der vierte Modus, Choir, erzeugt die Stimmen automatisch, ohne dass man ins Mikrofon sprechen muss. Alles in allem ein tolles Werkzeug für Gitarristen, die Wert auf Portabilität legen. Und da dieses Pedal von Boss hergestellt wird und Boss eine Tochterfirma von Roland ist, kannst du sicher sein, dass die Soundqualität vom Feinsten ist.
Link: Boss VO-1 Vocoder (209 €)
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