Was ist ein Hochpassfilter/Low Cut Filter?
Ein Hochpassfilter ist eine Art Equalizer, der Frequenzen unterhalb einer bestimmten Grenzfrequenz (Cutoff Frequency) dämpft oder ganz unterdrückt, während Frequenzen oberhalb der Grenzfrequenz unverändert durchgelassen werden. Es gibt zwei verschiedene Bezeichnungen für Hochpassfilter, die beide im Wesentlichen die Funktion des Filters erklären und die gleiche Bedeutung haben:
- Hochpassfilter (high pass filter): Die hohen Frequenzen „passen“, d.h. sie werden durchgelassen.
- Low Cut Filter: Die tiefen Frequenzen werden „gecuttet“, d.h. gedämpft oder entfernt.
Diese Grenzfrequenz kann je nach Filter fest oder flexibel sein. Viele Audio-Interfaces und Vorverstärker haben ein eingebautes Hochpassfilter, dessen Frequenz nicht verändert werden kann.
Bei den Low Cut Filtern von Hardware- und Plugin-EQs hingegen kann die Cutoff-Frequenz flexibel eingestellt werden, ebenso wie die Intensität/Kurvensteilheit, die angibt, um wie viel dB abgesenkt wird. Hochpassfilter mit hoher Intensität klingen unnatürlicher und können Phasenprobleme verursachen, deswegen sollten sie immer mit Vorsicht benutzt werden.
Sie wird in dB/Oktave ausgedrückt und gibt an, wie stark der Tiefpassfilter bei der Hälfte der Grenzfrequenz dämpft. Bei einem Low-Cut-Filter mit -18 dB/Oktave bei 100 Hz, wie im obigen Beispiel, beträgt die Dämpfung bei 50 Hz -18 dB.
Je nachdem, wie steil die Kurve verläuft, werden die Filter mit verschiedenen Namen bezeichnet, die u.a. in Synthesizern und Analogeffekten zu finden sind.
6 dB/Okt. | Low-Cut-Filter 1. Ordnung | 1-Pol-Filter |
12 dB/Okt. | Low-Cut-Filter 2. Ordnung | 2-Pol-Filter |
18 dB/Okt. | Low-Cut-Filter 3. Ordnung | 3-Pol-Filter |
24 dB/Okt. | Low-Cut-Filter 4. Ordnung | 4-Pol-Filter |
30 dB/Okt. | Low-Cut-Filter 5. Ordnung | 5-Pol-Filter |
∞ dB/Okt | Brickwall Filter |
Hochpassfilter höherer Ordnung sollten eher für Korrekturen wie Rauschunterdrückung oder als kreative Effekte wie in DJ-Controllern verwendet werden. Der Grund ist einfach: Sie sind stark hörbar und klingen unnatürlich, man kann damit schnell den Gesang ruinieren.
Ich benutze zum Beispiel oft ein Low Cut Filter 5. Ordnung bei 50 Hz für weiblichen Gesang, um unerwünschte Nebengeräusche wie Schritte oder Stöße auf dem Mikrofonstativ zu unterdrücken, weil ich weiß, dass die Stimme nicht in diesen tiefen Frequenzen spielt.
Aber ich würde es nie benutzen, um die Stimme zum Beispiel bei 250 Hz dünner zu machen, weil sie nicht dünner wird, sondern fast ganz verschwindet. Dafür eignet sich ein Hochpassfilter 1. Ordnung viel besser.
Bei den meisten EQ-Plugins kann die Stärke/Ordnung des Filters gewählt werden. Bei analogen Geräten, die keine Einstellungsmöglichkeiten bieten, beträgt sie in der Regel 12 dB/Oktave.
Wozu verwendet man Hochpassfilter?
Hochpassfilter werden häufig in analogen Geräten wie Vorverstärkern, Audio-Interfaces oder Mikrofonen eingesetzt, um Störgeräusche im unteren Frequenzbereich zu unterdrücken. Es gibt viele Situationen im Studio, in denen solche Geräusche auftreten:
- Wenn der Boden aus Holz und etwas alt ist (wie in meinem Studio), kann das Gehen oder Bewegen des Künstlers Vibrationen im Boden verursachen, die sich auf das Stativ und damit auf das Mikrofon übertragen. Diese Schallwellen liegen im tieferen Bereich und können mit einem Hochpassfilter sehr gut reduziert oder komplett entfernt werden.
- Netzbrummen können Artefakte im tieferen Frequenzbereich verursachen, besonders, wenn die gesamte Anlage nicht richtig elektrisch abgeschirmt ist.
- Wenn das Studio nicht gut von der Außenwelt abgeschirmt ist, können große Fahrzeuge wie LKWs oder Busse tiefe Schallwellen erzeugen, die in das Mikrofon eindringen können.
- Wenn der Sänger oder die Sängerin versehentlich leicht gegen das Mikrofonstativ stößt, kann dieses Störgeräusch manchmal mit einem Hochpassfilter unterdrückt werden (manchmal aber auch nicht).
Ich verwende meinen Low Cut Filter aber immer lieber als Plugin in der Postproduktion als bei der Aufnahme, da ich so diese Frequenzen auf nicht-destruktive Weise entfernen kann – es könnte ja doch noch etwas Wertvolles in diesem Frequenzbereich sein.
Auch wenn man meint, keine Störgeräusche in der Audiospur zu haben, sollte man genau hinhören, was passiert, wenn man einen Hochpassfilter anwendet – manchmal ist man überrascht, wie sauber die Spur plötzlich klingt.
Generell ist es auch sinnvoll, bei „sicheren“ Tracks (also Instrumenten, die eher im hohen Bereich spielen, wie Hi-Hats, Gitarre oder weiblicher Gesang) einen Low Cut Filter anzuwenden, da sich im tiefen Bereich ohnehin keine Informationen befinden, sondern nur Störgeräusche auftreten können. So bleibt Platz für die wichtigen tiefen Spuren wie Kick und Bass und der Mix wird viel klarer und sauberer.
Low Cut Filter werden auch oft in das Sidechain-Signal von Kompressoren eingebaut, damit die tiefen Frequenzen, die oft keine wichtigen Informationen enthalten, den Kompressor nicht überlasten und nur die wichtigen hohen Frequenzen den Kompressor zum Arbeiten bringen.
Hochpassfilter vs Tiefpassfilter
Hoch- und Tiefpassfilter sind zwei Arten von elektronischen Filtern, die den Frequenzgang eines Signals verändern. Obwohl ihre Namen ähnlich klingen, haben sie eine völlig entgegengesetzte Funktion. Der Hauptunterschied besteht darin, welche Frequenzen sie durchlassen und welche sie sperren.
Ein Hochpassfilter lässt hochfrequente Signale durch, während es niederfrequente Signale dämpft oder blockiert. Hochpassfilter werden in der Regel eingesetzt, um unerwünschte niederfrequente Störgeräusche oder Gleichstromkomponenten aus einem Signal zu entfernen.
Im Gegensatz dazu lässt ein Tiefpassfilter niederfrequente Signale passieren, während hochfrequente Signale gedämpft oder blockiert werden. Tiefpassfilter werden häufig verwendet, um unerwünschtes hochfrequentes Rauschen zu unterdrücken oder ein Signal zu glätten, indem die hochfrequenten Anteile entfernt/reduziert werden.
Praktische Anwendungsbeispiele eines Hochpassfilters
Wie bereits erwähnt, hat der Einsatz eines Hochpassfilters oft den Ziel, unerwünschte Geräusche und Artefakte zu entfernen. Wenn man die Möglichkeit hat, würde ich den Low Cut Filter erst in der Postproduktion anwenden, um immer auf der sicheren Seite zu sein. In Live-Situationen ist das natürlich nicht möglich – da verwendet man den Hochpassfilter, der im Mischpult bei jedem Channel Strip eingebaut ist.
Es wird empfohlen, das Hochpassfilter vor dem Kompressor zu verwenden – es sollte sogar das erste Effektgerät in der Signalkette sein. Da tieffrequente Schallwellen sehr viel Energie mit sich führen, können sie einen Kompressor schnell an seine Grenzen bringen, obwohl das zu komprimierende Signal den Threshold noch gar nicht überschritten hat.
Hier einige Anwendungsbeispiele von Low Cut Filtern, die zum Alltag eines jeden Musikproduzenten gehören:
Hochpassfilter für saubere Vocals
Hochpassfilter werden oft als erstes Effektgerät bei Vocals eingesetzt, um eine saubere Spur ohne Störgeräusche zu erhalten. Auch die Dynamik lässt sich so viel effektiver bearbeiten, und es wird vermieden, dass tieffrequente Schallwellen den Bassbereich des Mixes unnötig belasten.
Die Kunst besteht darin, herauszufinden, wo die höchstmögliche Cutoff-Frequenz liegt, ohne dass die Stimme wichtige Informationen verliert. Wenn man das herausgefunden hat, kann man Low Cut Filter auch mit einer höheren Flankensteilheit verwenden, um alles unterhalb dieser Frequenz vollständig zu unterdrücken.
Hochpassfilter auf den Overheads zur Vermeidung von Phasenproblemen mit der Bassdrum-Spur
Bei der Aufnahme eines echten Schlagzeugs mit mehreren Mikrofonen besteht oft die Gefahr, dass die Kombination von Kick-Spur und Overheads zu Phasenproblemen führt. Das liegt einfach daran, dass die gleiche Welle (Kick) in zwei verschiedenen Mikrofonen ankommt, aber in unterschiedlicher Phase, weil der Abstand zum Mikrofon unterschiedlich ist (das Kick-Mikrofon ist praktisch vor der Bassdrum, während die Overheads ca. 1m entfernt sind).
Mit einem Hochpassfilter auf den Overheads-Tracks kann dieses Problem gelöst werden. Allerdings ist der Kick dann nicht mehr über die Overhead-Kanäle zu hören – was nicht unbedingt schlecht ist, sondern manchmal sogar erwünscht, wenn der Kick so klingen soll, als stünde er direkt vor einem.
Also hier immer genau hinhören, ob ein Low Cut Filter überhaupt notwendig ist. Hör mal, was passiert, wenn du beide Spuren zusammenmischst: Werden Frequenzen ausgelöscht? Klingt der Kick plötzlich komisch oder unangenehm? Dann hast du sehr wahrscheinlich Phasenprobleme.
Hochpassfilter für Sidechain-Signale eines Kompressors
Oft bieten Kompressoren die Möglichkeit, einen Low Cut Filter auf das Sidechain-Eingangssignal zu legen. Dadurch wird nicht das hörbare Signal beeinflusst, sondern nur das Steuersignal. So wird verhindert, dass unnötige tiefe Frequenzen den Kompressor zum Arbeiten bringen und nur die wirklich wichtigen Frequenzen den Kompressor triggern.
Dies ist besonders beim Mastering wichtig, da die tiefen Frequenzen einer Masterspur oft lauter sind als die hohen. Denke daran, dass ein Kompressor immer dann einsetzt, wenn die Lautstärke des Quellmaterials den Schwellwert (Threshold) des Kompressors überschreitet.
Ein hoher Threshold bewirkt also, dass der Kompressor nur die tiefen Frequenzen komprimiert, wenn kein Low Cut Filter verwendet wird, da diese am lautesten sind und den Kompressor als erstes zum Arbeiten bringen. Wenn man dann den Threshold senkt, um auch die höheren Frequenzen zu komprimieren, werden die Bassfrequenzen so stark komprimiert, dass der Track völlig unnatürlich und gequetscht klingt.
Wenn jedoch ein Hochpassfilter verwendet wird, können die tiefen Frequenzen den Kompressor nicht zum Arbeiten bringen, da sie einfach ignoriert werden. Erst wenn die Lautstärke der Frequenzen oberhalb des Low Cut Filters den Schwellwert überschreitet, beginnt der Kompressor zu arbeiten.
Einsatz von Low Cut Filtern zur Unterdrückung von Trittschall
Hochpassfilter werden aus gutem Grund auch Trittschallfilter genannt. Wie bereits erwähnt, kommt es bei Aufnahmen häufig vor, dass durch Gehen oder Treten Vibrationen im Boden entstehen, die dann in das Mikrofon gelangen. Mit einem Tiefpassfilter kann man diesen „Trittschall“ wirkungsvoll unterdrücken oder sogar eliminieren.
Fazit
Du weißt jetzt, was ein Hochpassfilter ist und wie man es theoretisch einsetzt. Jetzt musst du damit üben und Erfahrungen sammeln. Und vergiss nicht: Vertraue immer deinen Ohren, nicht deinen Augen. Manchmal sind Hochpassfilter zu extrem und andere Filtertypen, wie z.B. Low Shelf, sind besser geeignet.