Alles über die Stems in der Musikproduktion

Du hast den Begriff Stems sicher schon einmal im Zusammenhang mit Musikproduktion gehört - wahrscheinlich im Kontext von Mastering. In diesen Beitrag erfährst du alles über Stems und wie sie dir helfen können, deine Musikproduktionen effizienter zu gestalten.
Inhaltsverzeichnis

Was sind Stems?

In der Welt der Musikproduktion sind Stems Gruppen von Spuren eines Liedes, die zusammen eine Einheit bilden. Das heißt, wenn ich in meinem Song eine Kick-Drum, eine Hi-Hat und eine Snare-Drum habe, bilden sie zusammen die Stem des Schlagzeuges.

Oder das Klavier und die Gitarren des Tracks bilden zusammen den Rhytmus-Stem. Es gibt keine Regeln für die Bildung von Stems, aber es muss im Kontext des Songs Sinn ergeben.

Es gibt grundsätzlich folgende Stems:

  • Lead Vocals
  • Background-Vocals
  • Drums
  • Bass
  • Rhytmus-Instrumente
  • Lead-Instrumente

Natürlich kann man diese Stems noch weiter unterteilen, z.B. in Klavier und Orgel statt Rhythmus, oder die Drums in Schlagzeug und Percussion – je spezifischer man wird, desto mehr Gruppen erhält man am Ende.

Wofür brauchen wir Stems?

Audio-Stems sind also Teile eines größeren musikalischen Ganzen. Sie helfen uns, unseren Mixing-Prozess zu unterteilen und zu organisieren – wenn ich die einzelnen Tracks zuerst in Gruppen mische, muss ich am Ende nur mit 5-7 Gruppen statt mit 30 einzelnen Tracks arbeiten.

Die Verwendung von Stems in der Musikproduktion hat mehrere Vorteile:

Flexibilität beim Mastering

Stems ermöglichen mehr Flexibilität in beim Mastering, da die einzelnen Gruppen zur Verfügung stehen. Wenn also der Bass zu schwach ist, kann ich einfach die Stems vom Bass hinzufügen und lauter machen, statt mit einem Multiband-Kompressor arbeiten zu müssen.

Du kannst sogar ein Instrument in deinem fertigen Mix leiser machen, indem du die Phase dieser Gruppe umkehrst und die Spur mit der Masterspur zusammenmischst. Es wäre besser, nicht so weit gehen zu müssen, indem man einen vernünftigen Mix macht, aber es ist eine gute Notlösung für das Mastering.

Außerdem kannst du mit Stems verschiedene Effekte auf unterschiedliche Elemente der Musik anwenden. Zum Beispiel kannst du dem Stem des Gesangs einen Hall geben, damit er räumlicher klingt, während das Schlagzeug trocken bleibt.

Oder du wendest Kompression auf den Schlagzeug-Stem an, um ihm mehr Druck zu verleihen, während du den Bass-Stem unkomprimiert lässt.

Stem-Mastering in Ableton Live
Stem-Mastering in Ableton Live

Enorme Zeitersparnis beim Mixing

Das Mixing mit Gruppen ermöglicht eine effizientere Anpassung mehrerer Spuren gleichzeitig. Anstatt Pegel, Panning oder Effekte für jede Spur einzeln einzustellen, kann eine Gruppe verwendet werden, um mehrere Spuren gleichzeitig zu steuern.

Gruppierung von Spuren in Ableton Live
Gruppierung von Spuren in Ableton Live

Dies spart Zeit, da in der finalen Phase des Mixings weniger Anpassungen vorgenommen werden müssen, und ermöglicht eine effiziente Arbeitsweise. Gerade in dieser Phase neigt man sonst dazu, sich „im Kreise zu drehen“, weil man durch die Änderung einer Spur immer wieder alles neu mischen muss.

Remix

Mit Stems können neue Remixe eines Songs erstellt werden, da der Remixer auswählen kann, welche Elemente des Original-Mix er verwendet und wie er sie bearbeiten möchte. So kann ich zum Beispiel die Vocals des Originals beibehalten und trotzdem eine neue Basslinie und neue Drums für meinen Remix produzieren.

Manche Remixe unterscheiden sich nur minimal von der Originalversion, das heißt, es wurden viele Stems des Originals verwendet. Wenn sich der Remix stark von der Originalversion unterscheidet, bedeutet dies, dass nur wenige Gruppen des Originals verwendet und viel selbst produziert wurde.

Stems sind häufig online zu finden, insbesondere im Rahmen von Wettbewerben, die von Produzenten organisiert werden, um jedermann die Möglichkeit zu geben, einen Remix des Liedes zu erstellen und am Ende den besten auszuwählen.

Archivierung/Export

Stems sind besonders wichtig, wenn analog gemischt wird und keine Konsole mit „Total Recall“-Funktion zur Verfügung steht, da es in diesem Fall keine Möglichkeit gibt, ein Projekt zu speichern, um es später wieder aufzurufen.

Analoge Konsolen ohne Total-Recall können keine Projekte speichern, deswegen mache ich Stems, um mein Mix später aufrufen zu können
Analoge Konsolen ohne Total-Recall können keine Projekte speichern, deswegen erstelle ich Stems, um mein Mix später aufrufen zu können (Konsole im Foto: Meine Soundcraft Ghost 32)

Es gibt aber auch einen Umweg: Wenn mein Mix fertig ist, erstelle ich Stems (also Gruppen von Spuren). Ich lasse aber den Fader (oder VCA) jeder Gruppe auf 0 und exportiere dann nur die einzelnen Gruppen.

Wenn ich dann mein Projekt wieder öffnen will, um eine Kleinigkeit zu ändern, importiere ich einfach die Stems und lasse sie alle wieder auf 0 – dann habe ich genau den gleichen Mix wie beim ersten Mal, kann aber z.B. die Vocals etwas leiser oder lauter machen.

Kollaboration

Stems können die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Musikproduzenten oder Toningenieuren erleichtern, indem sie es ihnen ermöglichen, unabhängig voneinander an verschiedenen Teilen eines Songs zu arbeiten.

Ein praktisches Beispiel: In der heutigen Welt der Hip-Hop- und Trap-Produzenten ist es üblich, einen Produzenten für die Drums + 808 und einen anderen für die Melodie/Harmonie zu haben. So eine Art der Zusammenarbeit ist nur durch Stems möglich – es sei denn, beide Produzenten arbeiten mit der gleichen DAW.

Es ist auch viel praktischer, jemandem ein Projekt mit 6 Stems zu schicken, als ein Projekt mit 60 Spuren – alles ist viel übersichtlicher und man erspart sich viel Frust auf beiden Seiten.

Wie erstelle ich Stems?

Das Exportieren von Stems aus deiner DAW ist nicht kompliziert. Je nachdem, welche DAW du benutzt, ist der Prozess etwas unterschiedlich.

Wenn du Gruppen erstellt hast, und die DAW es erlaubt, die Gruppen direkt zu exportieren (Ableton Live erlaubt das), kannst du ganz einfach die einzelnen Gruppen exportieren.

In Ableton Live wählst du zuerst die Spuren der Gruppe aus, klickst dann auf „Audio exportieren“ und wählst die Option „Nur ausgewählte Spuren“.

Exportieren von Stems in Ableton Live
Exportieren von Stems in Ableton Live

Ansonsten muss man mit Routing arbeiten, entweder auf einem Bus oder man erstellt Stereospuren, wo die Kanäle geroutet werden. Ich bevorzuge die letztere Option, da sie es mir ermöglicht, VST-Plugins auf meine Gruppen anzuwenden.

In Pro Tools müsste man Stereo-Aux-Inputs für jeden Stem erstellen, wo alle Kanäle der Gruppe geroutet werden, und dann diese einzelnen Stereo-Kanäle exportieren.

Wo findet man Stems für Remixe?

Wie bereits erwähnt, bilden Audio-Stems die Grundlage für das Remixen von Songs. Ohne sie kann niemand meinen Song remixen, es sei denn, er benutzt die gleiche DAW wie ich. Es ist jedoch nicht üblich, ganze DAW-Projekte zu remixen – die Konvention ist die Verwendung von Stems.

Es gibt verschiedene Methoden, um Stems zu bekommen:

Suche im Netz

Du kannst viele Stems einfach über Google finden, indem du nach etwas wie „stems for remix“ suchst. Es gibt viele Websites von Labels und Künstlern, die sie zum Download anbieten, viele sogar kostenlos.

Ich habe hier eine kleine Liste mit kostenlosen Stems von Songs zusammengestellt, die online verfügbar sind und die du sofort herunterladen kannst, um deine eigenen Remixe zu machen.

Auf metapop.com gibt es immer wieder Remix-Wettbewerbe, wo die Stems von Songs zur Verfügung gestellt werden – halte ein Auge darauf, um auf dem neusten Stand zu bleiben.

Künstler direkt kontaktieren

Heutzutage ist es auch sehr üblich, dass sich Künstler untereinander vernetzen und Stems austauschen, um zusammenzuarbeiten. Generell sollte man nach Künstlern suchen, die eine ähnliche Reichweite und Fangemeinde haben wie man selbst – denn es ist unwahrscheinlich, dass ein Künstler wie David Guetta mit einem völlig unbekanntem Artist zusammenarbeitet.

Du kannst Künstler ganz einfach über Instagram suchen und anschreiben – diese Methode ist in der Regel sehr effektiv, wenn du selbst über ein gut gepflegtes Künstlerprofil verfügst (du musst also seriös auftreten).

Von Remixes profitieren immer beide Künstler, da beide neue potenzielle Fans erreichen. Und das Beste: Dank Stems kannst du mit Musikern aus der ganzen Welt zusammenarbeiten, egal ob aus Japan, Deutschland, den USA oder Brasilien!

Sample-Libraries

Es gibt viele Sample-Libraries mit unzähligen Stems – die bekannteste von allen ist Splice. Dort findest du Drum-Loops, Bass-Loops, Gitarren-Loops usw. Allerdings sind diese eher für komplette Produktionen gedacht, da alle Samples 100% Royalty-Free sind.

Es gibt keine Stems von bekannten Songs, aber einige Loops, die von sehr bekannten Künstlern für ihre Hits verwendet wurden. Du kannst sie alle sofort und ohne Copyright-Bedenken in deinen Produktionen oder Remixe einsetzen.

Weiterlesen: Was sind LUFS und warum sind sie wichtig?

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