Was ist ein Noise Gate?
Ein Noise Gate, auch Expander genannt, ist ein Gerät in der Audiosignalverarbeitung, das ein Signal nur dann durchlässt, wenn es einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine Form der Dynamikkompression, bei der die Lautstärke eines Audiosignals unterhalb eines bestimmten Schwellwerts reduziert oder sogar eliminiert wird.
Noise Gates werden häufig in der Musikproduktion, bei Live-Beschallungen und im Rundfunk eingesetzt, um unerwünschte Hintergrundgeräusche zu unterdrücken und die allgemeine Klangqualität zu verbessern. Sie sind besonders nützlich, um unerwünschte Geräusche wie Brummen, Zischen und Summen zu reduzieren, die besonders hörbar sind, wenn der Sänger/Sprecher eine Pause macht.
Ein praktisches Beispiel: Du nimmst zu Hause deinen Gesang mit einem Mikrofon auf, und da dein Zimmer nicht vollständig von der Außenwelt abgeschirmt ist, ist im Hintergrund der Verkehr auf der Straße zu hören. Dieses Hintergrundgeräusch ist nicht sehr laut, und wenn du singst, wird es von deinem Gesang überdeckt und ist nicht hörbar. Aber in den Pausen kann man ihn hören.
Nun hast du zwei Möglichkeiten: Du kannst jede einzelne Pause herausschneiden, was ziemlich viel Arbeit bedeutet, oder du kannst ein Noise-Gate verwenden. Es schaltet sich ein, wenn du aufhörst zu singen, und unterdrückt Verkehrsgeräusche, Rauschen, Brummen oder ähnliches.
Wie funktioniert ein Noise Gate?
Noise Gates sind im Grunde genommen Kompressoren, die ab einem bestimmten Schwellenwert arbeiten, nur umgekehrt. Sie beginnen zu arbeiten, wenn das Signal eine bestimmte Lautstärke unterschreitet und reduzieren dann die Lautstärke um ein bestimmtes Verhältnis. Dieses Verhältnis geht oft bis ins Unendliche, d.h. das Signal wird vollständig unterdrückt.
Während des Singens oder Spielens sollte der Signalpegel über dem Schwellenwert liegen, den man selbst einstellen kann. Sobald man aufhört zu spielen oder zu singen, sinkt der Signalpegel unter die eingestellte Schwelle.
Genau an dieser Stelle greift das Noise Gate ein und unterdrückt das gesamte Signal, das in diesem Moment nur aus Störgeräuschen besteht. Sobald der Sprecher/Sänger wieder einsetzt, hört das Gerät auf zu arbeiten. Das Audiosignal ist dann aber viel lauter als das Störgeräusch, sodass man es nicht mehr wahrnimmt.
Ein Noise Gate kann nicht alle Störgeräusche entfernen
Mit einem Noise Gate kann man nur die Geräusche entfernen, die in den Pausen zu hören sind, nicht aber die Geräusche, die während des Singens oder Spielens auftreten. Wenn die Störgeräusche so laut sind, dass man sie während der Performance hören kann, ist es besser, neu aufzunehmen, und wenn das nicht möglich ist, mit einer speziellen Audio-Reparatur-Software wie iZotope RX zu arbeiten. Damit kann man unter Umständen solche Probleme lösen, aber die beste Methode ist immer, die Aufnahme zu wiederholen.
Parameter eines Noise Gates
Die meisten Noise Gate Plugins haben ähnliche Parameter. Hardware-Noise Gates haben in der Regel weniger Funktionen, da z.B. der Lookahead nur digital möglich ist.
- 1. Threshold: Bestimmt den Eingangspegel, ab dem sich das Gate öffnet und schließt.
- 2. Ratio: Bestimmt die Menge der Pegelreduzierung, die auftritt, sobald das Signal unterhalb des Schwellenwerts fällt. Bei einem Verhältnis von 3:1 führt jedes dB unter dem Schwellenwert zu einer Reduzierung von -3 dB.
- 3. Range: Bestimmt die maximale Menge der Geräuschreduzierung, die auf das Signal angewendet werden kann.
- 4. Attack: Bestimmt, wie schnell das Gate öffnet, sobald das Signal über dem Schwellenwert liegt.
- 5. Release: Bestimmt, wie schnell das Gate schließt, sobald das Signal unterhalb des Schwellenwerts liegt.
- 6. Lookahead: Ermöglicht es dem Noise Gate, das eingehende Signal zu analysieren, bevor es das Gate erreicht, um eine genauere und nahtlose Steuerung zu gewährleisten.
- 7. Knee: Bestimmt, ob sich das Noise Gate langsam (soft knee) oder abrupt (hard knee) öffnet und schließt, wenn sich das Signal dem Schwellwert nähert.
- 8. Hold: Bestimmt die Zeit, in der das Gate geöffnet bleibt, nachdem das Signal unterhalb des Schwellenwerts gefallen ist, um zu verhindern, dass Sustain oder Decay im Audio abgeschnitten werden.
So stellst du dein Noise Gate optimal ein
1. Noise Gate als erstes Insert-Plugin einfügen
Als Erstes muss das Noise Gate Plugin in einem Insert-Slot in der Spur platziert werden, in der das Rauschen/Lärm reduziert werden soll. Es sollte das allererste Plugin in der Kette sein, da sonst andere Effekte die Wirksamkeit verringern.
Als Beispiel: Der Einsatz eines Kompressors vor dem Noise Gate verringert den Pegelunterschied zwischen Signal und Rauschen, da das Rauschen lauter wird, während das Signal komprimiert wird. Dadurch wird die Einstellung des Noise Gates wesentlich schwieriger und ungenauer.
2. Lookahead aktivieren
Wenn das VST-Plugin die Möglichkeit bietet, sollte unbedingt Lookahead aktiviert werden. Dadurch erhält das Plugin einen „Blick in die Zukunft“ und kann das Noise Gate kurz vor Beginn des Signals öffnen, um sicherzustellen, dass der Anfangspegel nicht abgeschnitten wird.
Ich wähle auch immer die maximale Lookahead-Zeit, um sicherzugehen, dass nichts fehlt.
3. Threshold festlegen
Dies ist wahrscheinlich der wichtigste Schritt von allen. Der Threshhold sollte auf einen Pegel knapp über dem Störsignal und so weit wie möglich unter dem eigentlichen Signal eingestellt werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die leiseren Teile der Performance nicht abgeschnitten werden (z. B. sind bei Gesang der Anfang und das Ende eines Satzes oft etwas leiser).
Die meisten Plugins bieten eine visuelle Hilfe, um das Rauschen vom eigentlichen Signal zu unterscheiden. Es ist immer besser, zweimal zu überprüfen, ob das Noise Gate nicht leise Signalanteile entfernt, die du eigentlich haben willst.
4. Attack festlegen
Der Attack-Parameter bestimmt, wie lange es dauert, bis sich das Gate öffnet, wenn das Signal über dem Threshold-Wert steigt. Wenn man den natürlichen Klang des Audiotracks erhalten will, sollte man immer sehr schnelle Attacks wählen, in den meisten Fällen sogar 0.
Langsamere Attackzeiten schneiden die anfänglichen Transienten ab, was manchmal erwünscht sein kann, in den meisten Fällen aber nicht – es führt zu einem unnatürlichen Klang.
5. Release festlegen
Der nächste Schritt ist die Einstellung der Release-Zeit, also der Zeit, die das Noise Gate braucht, um sich am Ende der Performance wieder zu schließen. Man sollte hier immer mit langen Release-Zeiten beginnen, damit die letzten Silben oder Noten nicht abgeschnitten werden, und dann die Release-Zeiten langsam verringern, bis man zufrieden ist.
Es sollte immer darauf geachtet werden, dass die letzten Akzente der Performance nicht verloren gehen, da sie oft wichtige Informationen enthalten, die, wenn sie fehlen, zu einem unnatürlichen Klang führen. Zum Beispiel der letzte Atemzug oder die Luft auf „t“ oder „s“ in einer Gesangsperformance.
Also ganz wichtig: Immer genau zuhören, was auf der ganzen Spur passiert, nicht nur einmal einstellen und vergessen.
6. Hold festlegen
Dieser Schritt ist optional, aber mit dem Hold-Parameter kann die Geschwindigkeit, mit der sich das Noise Gate schließt, noch feiner eingestellt werden. Wenn z.B. die letzten Teile der Performance auch bei längeren Release-Zeiten abgeschnitten werden, kann man mit einer längeren Hold-Zeit diese Teile wieder zurückholen. Hold funktioniert also wie ein Pre-Release.
7. Ratio und Range festlegen
Als nächstes muss festgelegt werden, wie stark das Hintergrundgeräusch reduziert werden soll. Hohe Ratios wie 100:1 oder ∞:1 sollten gewählt werden, wenn eine vollständige Rauschunterdrückung gewünscht wird. Wenn alle anderen Parameter richtig eingestellt sind, sollte ein natürlicher Klang erhalten bleiben.
Falls die Audiospur jedoch schwierig ist oder man einfach nicht alle Geräusche entfernen möchte, kann man niedrigere Ratios wie 4:1 bis 50:1 wählen. Mit dem Range-Parameter kann eine absolute Grenze für die Pegelunterdrückung festgelegt werden.
8. Extras
Die meisten Noise Gates haben ein paar Extras wie Sidechain und Filter, die in manchen Situationen hilfreich sein können:
Mit dem Hochpassfilter oder einem Tiefpassfilter kann man das Noise Gate anweisen, bestimmte Frequenzen zu ignorieren, damit es sich nicht öffnet. Ein Beispiel: Man legt ein Noise Gate auf die Kick-Spur, um das Bleeding der Snare zu unterdrücken. Dann wählt man die Tiefpassfilter im Noise Gate so aus, dass die Schläge der Snare das Gate gar nicht öffnen und es sich nur bei einem Kick-Schlag öffnet.
Mit dem Sidechain-Regler kannst du das Noise Gate so einstellen, dass es sich nur öffnet, wenn eine andere Spur den Threshold-Pegel überschreitet. Zum Beispiel: Die Bass-Drum deiner Produktion braucht mehr Bass. Dann nimmst du einen Bass-Synthesizer mit einem langen Ton auf und legst ihn unter die Bassdrum. Auf diesen Bass-Synthesizer legst du dann ein Noise Gate mit der Kick-Drum als Sidechain Input. So schaffst du es, dass der Synthesizer genau synchron mit der Kick anfängt und aufhört und sich somit perfekt überlagert.
Praktische Anwendungsbeispiele für ein Noise Gate
Reduzierung des Hintergrundrauschens bei Gesangsaufnahmen
Bei Gesangsaufnahmen mit Mikrofonen gibt es immer ein gewisses Rauschen, da man dem Vorverstärker viel Verstärkung geben muss. Dies verstärkt das Eigenrauschen des Mikrofons, aber mit einem gut eingestellten Noise Gate (wie oben beschrieben) kann dieses Rauschen gut unterdrückt werden.
Gleiches gilt für die Aufnahme aller anderen Instrumente über Mikrofon, allerdings sind die Instrumente in der Regel so laut, dass das Rauschen nicht hörbar ist, da weniger Verstärkung benötigt wird.
Transienten-Bearbeitung
Mit einem Noise Gate kann man, ähnlich wie mit einem Kompressor, die Dynamik/Transienten der Audiospur manipulieren. So kann z.B. der Nachhall der Snare Drum extrem verkürzt werden, wie hier zu hören:
Im Kontext des gesamten Schlagzeugs macht das einen großen Unterschied – die Snare klingt viel durchsetzungsfähiger und direkter.
Dafür wird einfach eine kurze Release-Zeit gewählt, so kurz wie der Nachhall sein soll. Dadurch schließt das Gate, bevor der Nachklang der Snare endet und verkürzt quasi die Release-Zeit. Sehr nützlich für Aufnahmen von echten Drums, die keine ADSR-Steuerung haben.
Mit der gleichen Technik kann man auch den Nachhall eines Samples entfernen – eigentlich nur den Nachhall in den Pausen, aber das ist es, was man am ehesten hört.
Bleeding-Reduzierung bei Schlagzeugaufnahmen
Als Bleeding bezeichnet man den Schall, der von anderen Instrumenten als dem gerade aufgenommenen in das Mikrofon gelangt. Bei Schlagzeugaufnahmen ist das normal, weil die Mikrofone und die Trommeln sehr nahe beieinander stehen, so dass man z.B. die Hi-Hat immer auf dem Snare-Mikrofon hört. In der Regel ist das OK und man kann das Schlagzeug trotzdem gut abmischen.
Wenn ich aber der Snare extrem viel Hall oder Kompression geben will, möchte ich nicht, dass die HiHat über diese Spur zu hören ist, weil sie sonst auch die Effekte bekommt. Dafür kann man sehr gut ein Noise Gate verwenden, das sich immer vor dem Snare-Schlag öffnet und vor dem nächsten HiHat-Schlag schließt.
So wird die Snare „isoliert“ und nur sie erhält die Kompression oder den Hall – umso wichtiger ist es hier, das Noise-Gate als allererstes Plugin in der Effektkette einzusetzen.
Geräuschunterdrückung bei E-Gitarren
Nimmt man eine verzerrte E-Gitarre mit einem Mikrofon über einen Gitarrenverstärker auf, so entsteht durch die Verzerrung ein hörbares Rauschen. Dieses Rauschen ist im Vergleich zur Gitarre leise und wird während des Spielens überdeckt, kann aber in den Pausen sehr störend sein. Auch Fingergeräusche werden durch die Kompression der Verzerrung stark verstärkt und können die Qualität der Aufnahme verschlechtern.
Diese Störgeräusche können mit einem Noise Gate entfernt werden, solange sie nicht während des Spielens entstehen. Finger- und Slide-Geräusche z.B. entstehen oft, bevor das Riff beginnt, wenn man die Finger bewegt, um den Griff zu finden. Sie können also gut entfernt werden.
Gated Reverb auf Drums
Dieser Effekt war in den 80er Jahren sehr beliebt und ist nichts anderes als ein Reverb + Noise Gate dahinter. Der Hall wird meist mit langen Nachhallzeiten verwendet, die durch das Noise Gate nach einer bestimmten Zeit abrupt abgeschnitten werden, was einen unnatürlichen, aber sehr spannenden Effekt ergibt.
Der Klang ist ganz anders, als wenn der Nachhall von selbst und natürlich ausklingt, und es entsteht ein explosiver Effekt, der für Rock, Pop oder sogar Heavy Metal interessant sein kann.
Die besten Noise Gate Plugins
Alle DAWs haben mittlerweile gute Noise Gates als Stock Plugins, die in den meisten Fällen ausreichen sollten. Wenn man jedoch etwas mehr Geld ausgeben kann, gibt es einige interessante Plugins, die noch einige zusätzliche Funktionen bieten können.
- Fabfilter Pro-G: Das ist meiner Meinung nach das beste Noise Gate Plugin überhaupt. Es hat alle möglichen Funktionen wie Sidechain oder Filter und arbeitet extrem präzise.
- Waves C1 Compressor: Ein preiswerter Compressor/Expander von Waves, der auch als Noise Gate eingesetzt werden kann und viele Zusatzfunktionen bietet.
- SSL X-Gate: Ein sehr hochwertiges Noise Gate von SSL mit sehr schönem Visualizer und vielen Funktionen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Noise Gate
Wenn es darum geht, Störgeräusche zu reduzieren, sollte das Noise Gate immer als erstes in der Effektkette eingesetzt werden, zumindest vor der Dynamikbearbeitung. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Pegelunterschied zwischen Rauschen und Signal so groß wie möglich ist.
Wird das Noise Gate dagegen zur Transientenbearbeitung eingesetzt, ist es sinnvoll, es ganz am Ende einzufügen.
In Studiosituationen kann man auch ohne Noise-Gate auskommen, wenn man stattdessen die Störgeräusche manuell aus der Spur entfernt. Dies hat den Vorteil, dass man viel mehr Kontrolle über die Schnitte hat. In Live-Situationen ist man jedoch auf das Noise-Gate angewiesen, um Hintergrundgeräusche zu entfernen.