Ein Flanger ist ein Audioeffekt, der durch den Einsatz eines Delays mit sehr kurzen Zeiten (bis zu einigen zehn Millisekunden) realisiert wird, durch die das zu bearbeitende Signal geleitet wird. Diese Zeitverzögerungen werden laufend variiert (Modulation).
Das verzögerte Signal wird mit dem ursprünglichen Signal gemischt, was zu Interferenzen und Auslöschung der gegenphasigen Frequenzen führt (Kammfiltereffekt). Dadurch entsteht ein Modulationseffekt (ein Effekt, das sich mit der Zeit verändert), der häufig als Jet-ähnlich, psychedelisch oder magisch wahrgenommen wird.
Wenn du die Verzögerungszeit mit einem LFO mit einer langen Periode (unter einer Sekunde) modulierst, entsteht ein Effekt des Ausklingens über den gesamten Bereich des Audiospektrums, ähnlich wie das Geräusch eines vorbeifliegenden Flugzeugs.
Seinen Namen verdankt es der Technik, mit der es in den 1950er Jahren durch eine Zufallsentdeckung entstand: Um den Gesangston der Sängerin Toni Fisher in dem Lied The Big Hurt zu verstärken, spielte der Tontechniker Larry Levine zwei Kopien desselben Bandes in unvollkommener Synchronisation mit zwei Aufnahmegeräten ab.
Er drückte dabei auf den Flansch (Flanging) der Spule, die einem der beiden eine Phasenverzögerung verleiht. Das Mischen der beiden Tonspuren, die dadurch phasenverschoben wurden, führte zum neuartigen Effekt.
Heutzutage werden Flanger oft in der Musikproduktion im Studio oder als Pedale für E-Gitarre oder sogar E-Bass eingesetzt.
Wie klingt ein Flanger?
Der Flanger verleiht Audio-Signale einen metallischen, Chorus-ähnlichen Sound, der sich dynamisch mit der Zeit verändert. Der entstehende Effekt wird oft als psychedelisch beschrieben.
- Bei langsamen Modulationsraten klingt der Flanger wie ein Düsenjet.
- Bei schnellen Modulationsraten ähnelt er dem Klang eines Chorus-Effekts.
Im folgenden Video hört man sehr gut, was dieser Effekt bewirken kann:
Parameter von modernen Flanger
Wir werden den Boss BF-3 Flanger als Beispiel nehmen, um die Parameter zu erklären. Die meisten Flanger haben die gleichen Einstellungsmöglichkeiten, aber manche nennen sie einfach nur anders.
- Depth (oder Mix): Wie stark die Delay-Zeit moduliert wird. Wenn dieser Regler auf Minimum ist, bleibt der Flanger „statisch“, da die Delay-Zeit konstant bleibt. Wenn du Depth auf einen höheren Wert einstellst, wird die Delay-Zeit stark mit der Zeit verändert (also moduliert).
- Rate (oder Modulation Rate): Wie schnell die Delay-Zeit mit der Zeit verändert wird. Klanglich kannst du dir das so vorstellen: Wenn der Sweep hoch- und runtergeht, dann bestimmt die Modulation Rate den zeitlichen Unterschied zwischen dem höchsten und dem tiefsten Punkt.
- Resonance (oder Feedback): Wie stark der Anteil des Signals wieder zum Eingang zurückgeführt wird. Mit einem höheren Feedback lässt sich der Sweeping-Effekt stärker bemerkbar machen und der Klang wird „abgefahrener“.
Was unterscheidet einen Chorus von einem Flanger?
Ein Chorus klingt so, als würde man die Audio-Spur verdoppeln (Stimmenverdopplung), während ein Flanger so klingt, als würde die Audio-Quelle vor einem Ventilator stehen (Klang-Verfärbung).
Beide Effekte basieren auf der Duplizierung des Signals und die Verzögerung einer Kopie – allerdings gibt es Unterschiede in den Delay-Zeiten und an der Anzahl der Duplizierungen:
- Chorus verwendet 5-35ms Delay-Zeiten und kann mehrere Kopien des Originalsignals erzeugen
- Flanger verwenden Delay-Zeiten von 1 bis 5 ms und erzeugen nur eine Kopie des Originalsignals
Wie verwende ich ein Flanger in meinen Musikproduktionen?
Zunächst einmal solltest du wissen, dass der Flanger nur sehr sporadisch eingesetzt wird – also nicht so oft wie EQs, Delay oder Reverb. Der Flanger ist ein so mächtiger Effekt, der den Klang des Tracks so stark verändern kann, dass du immer vorsichtig sein musst.
Es gibt aber immer wieder Situationen, wo ein Flanger sehr gut klingen kann.
Flanger auf die verzerrte Gitarre im Rock
Das ist ein Klassiker: Man legt ein Flanger auf die verzerrte E-Gitarre (egal ob Lead oder Rhythmus), um die Gitarre einen harten, „spacigen“ Sound zu verleihen.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Intro von The Spirit of Radio von Rush – hier klingt die Gitarre wirklich wie aus einer Flugzeugturbine.
Diese Art von Effekt wurde schon sehr oft im Rock und im Heavy Metal verwendet, weil es einfach wunderbar passt. Einfach ein Flanger auf die Gitarrenspur drauflegen, und dann mit den Parametern spielen, bis der Sound passt.
In diesem Lied verwendet man eine relativ langsame Modulationsgeschwindigkeit, sodass der Klang sich langsam verändert, um diese Art von Jet-Sound zu erzeugen.
Flanger auf die Vocals für einen breiten Klang
Weitere gute Einsatzmöglichkeiten des Flangers sind Vocals, besonders die Backing-Vocals. Dadurch verleiht man den Vocals einen magischen Klang, der besonders gut bei harmonisierende Chorus-Gesänge funktioniert.
Hier fügt man den Effekt nur minimal hinzu, damit der Gesang nicht allzu außerirdisch klingt – Ziel ist es, den Flanger fast unbemerkbar zu machen.
Flanger auf die Drums, um experimentelle Klänge zu erzeugen
Es ist auch üblich, diesen Effekt auf das Schlagzeug zu legen, um abgefahrene Sounds zu erzeugen. Das Ergebnis ist nicht immer zufriedenstellend und du musst eine Menge Einstellungen ausprobieren, um einen guten Sound zu bekommen.
Aber ab und zu kann es richtig gut klingen – und es ist vor allem eins: außergewöhnlich.
In diesem Song passt der Flanger-Sound perfekt auf das Schlagzeug – er wird nur ein wenig eingesetzt (ich schätze mit 30% Mix), damit man immer noch mehr vom Originalsignal hört.
Gute moderne Flanger (analog und digital)
Heutzutage sind sehr viele Flanger erhältlich, sowohl im analogen wie im digitalen Bereich. Keins davon ist besser oder schlechter – sie sind nur für andere Situationen konzipiert.
Analoge Flanger (ich sage analog, obwohl die meisten tatsächlich digital sind, weil sie in Form eines Pedals und nicht eines VST-Plugins kommen) sind für Gitarristen konzipiert, die diese Effekte Live nutzen möchten, ohne auf eine DAW zugreifen zu müssen. Sie werden aber auch von einigen Tontechnikern (vor allem die, die mit analogen Mischpulten arbeiten) fürs Mixing verwendet.
Digitale Flanger kommen im Form von VST Plugins und werden in der DAW als Insert-Effekt eingesetzt. Sie sind hauptsächlich für die Musikproduktion im Studio konzipiert.
Eventide Instant Flanger Mk II (VST-Plugin)
Dieser VST-Plugin ist eine digitale Emulation des Eventide Clockwork Instant Flangers aus dem Jahr 1975. Dieser bietet drei verschiedene Klang-Varianten: Shallow, Deep und Wide. Damit hat man mehr als genug Spielmöglichkeiten.
Du kannst neben einem normalen LFO eine andere Quelle für die Modulation wählen: Manual (damit kannst du die Delay-Veränderung selber mit dem Drehregler steuern), Envelope (damit wählst du einen Envelope-Filter mit ADSR-Controller als Quelle) oder Remote (um die Modulation mit der mod wheel deines MIDI-Controllers zu steuern).
Es lohnt sich auf jeden Fall dieses Plugin zu kaufen, denn für 39€ kannst du es auf unendlich viele Spuren anwenden.
Boss BF-3 Flanger
Dieses Pedal ist ein Klassiker unter den Gitarristen. Boss baut sehr gute Pedale seit über 40 Jahre. Der Boss BF-3 ist eine Weiterentwicklung des Boss BF-2, der mit 4 neuen Modi ausgestattet worden ist.
Die neuen Modes liefern beeindruckende Stereo-Sounds, was dieses Pedal zu einem der besten Flanger auf dem Markt macht. Dafür braucht man aber natürlich zwei Output-Kabel und zwei Gitarren-Amps.
Neben den klassischen Depth-, Rate- und Resonance-Regler hat dieses Pedal einen Manual-Controller, der die zentrale Delay-Zeit des Effektes verändern kann. Damit kann man sehr interessante Effekte erzeugen.
Was macht der Manual-Regler im Flanger?
Bei Flangern wird die Delay-Zeit des Wet-Signals theoretisch nicht durch den LFO beeinflusst/verändert, wenn du den Depth-Regler auf Minimum stellst. Die Verzögerungszeit des Wet-Signals hinter dem Dry-Signal wird also durch den Manual-Regler bestimmt und bleibt konstant.
Du solltest es ausprobieren, mit Depth auf Minimum. Achte auf den Unterschied im Klang zwischen Manual auf Minimum und Maximum und vor allem darauf, wie sich der Ton verändert, wenn du ihn bewegst.
Bei einigen Effektgeräten kann man bei Manual auf Minimum tatsächlich den Unterschied zwischen Dry und Wet hören, was wie ein Slapback Delay oder ein Verdopplungseffekt klingt.
TC Electronic Thunderstorm Flanger
Dieses Effektgerät kann im Grunde dasselbe wie der von Boss, aber ohne Stereo und ohne verschiedene Modi. Dafür kostet der aber auch nur ein Drittel davon.
Der Klang ist sehr gut und lässt keine Wünsche offen – vor allem, wenn wir uns den niedrigen Preis (49€) ansehen. Ich mag solche einfachen, aber guten Effektgeräte, die nicht mit zu vielen Funktionen ausgestattet sind, die dich verwirren können.