In der Musiktheorie ist die Synkope ein Effekt, der den regelmäßigen rhythmischen oder harmonischen Fluss einer Passage in einer Komposition unterbricht oder stört.
Eine Synkope entsteht, wenn der Akzent auf einem schwachen Beat statt auf dem starken liegt, oder wenn ein Rhythmus auf zwei verschiedene Beats aufgeteilt wird. Dies kann Spannung und Höhepunkte in der Musik erzeugen und wird oft verwendet, um eine Melodie oder einen Rhythmus interessanter und komplexer zu machen.
Eine der häufigsten Formen der Synkopierung ist der „synkopierte Rhythmus“, bei dem der Akzent auf einem schwachen Schlag liegt. In einem typischen 4/4-Takt sind die schweren Schläge 1 und 3, die schwachen Schläge 2 und 4.
Das sind aber nicht die einzigen möglichen Synkopen – wenn man den Takt in Achtelnoten statt in Viertelnoten, erhält man 4 schwache Schlägen (Offbeats).
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Arten von Synkopen
Rhythmische Synkopen
Bei einem synkopierten Rhythmus liegt der Akzent auf einem der schwachen Schläge, wie zum Beispiel die Bassdrum auf die „und“ von der 3, oder die Snare auf der „und“ von der 4. Hier ein einfaches Beispiel aus meiner DAW:
Du kannst sehen, dass diese Technik die Rhythmen enorm aufwertet, denn der Zuhörer erwartet, dass die Betonung auf den starken Schlag fällt – stattdessen aber von der Betonung auf dem schwachen Schlag überrascht wird.
Eine andere Form der Synkopierung sind sogenannte „Cross-Rhythmen“, bei denen zwei verschiedene Rhythmen gleichzeitig gespielt werden. Dies kann erreicht werden, indem ein Instrument ein gleichmäßiges Muster spielt, während ein anderes Instrument ein synkopiertes Muster darüberlegt – ein klassisches Beispiel sind Schlagzeug und Percussion.
Dadurch wird die Musik komplexer und interessanter, da das Ohr des Zuhörers ständig zwischen den beiden unterschiedlichen Rhythmen hin- und hergerissen wird.
Synkopen können eine Melodie oder einen Rhytmus nicht nur interessanter machen, sondern auch eine bestimmte Emotion oder ein Gefühl vermitteln. Zum Beispiel kann ein synkopierter Rhythmus ein Gefühl von Dringlichkeit oder Aufregung vermitteln, während ein gerader, nicht synkopierter Rhythmus ein Gefühl von Ruhe und Frieden hervorrufen kann.
Mithilfe von Synkopen kann man auch Kontrapunkte bilden, indem man zwei Melodien zu einem harmonischen und rhythmischen Ganzen verbindet – mehr dazu in meinem Artikel über den Kontrapunkt.
Harmonische Synkopen
Harmonische Synkopen sind ein besonderer Effekt von Akkorden. Sie treten auf, wenn ein und derselbe Akkord über mehrere Takte erklingt, oder in anderen Fällen, wenn Akkorde so angeordnet sind, dass sie auch rhythmische Synkopen erzeugen.
Synkopen wurden von den klassischen Theoretikern der Harmonielehre als schlechte Effekte angesehen und daher als Fehler bezeichnet (und werden auch heute noch in der klassischen Harmonielehre als Fehler angesehen). Es gibt jedoch unzählige Beispiele in der Musikgeschichte, in denen ein solcher Effekt auftritt.
Dies ist eine sehr häufige Art der harmonischen Synkopierung, die besonders oft in der aktuellen Popmusik verwendet wird. Sie gibt dem Song einen Groove – der dann durch weitere Synkopierung des Schlagzeugs noch verstärkt werden kann.
Wie bildet man Synkopen?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Synkopen in deiner Musik zu erzeugen:
- Note auf einen schwachen Taktschlag setzen. So einfach ist das – anstatt die Snare auf die 2 zu spielen, spiele sie auf die „2-und“.
- Ersetze den Akzent. Du kannst Synkopen erzeugen, indem du einen schwachen oder einen unbetonten Schlag betonst. Dies kann durch den Einsatz von Dynamik geschehen, z. B. indem du eine Note lauter oder leiser spielst als die umliegenden Noten, oder durch die Artikulation, z. B. staccato oder legato.
- Lass die Note oder den Akkord über den Takt hinaus ins nächste Takt laufen. Die Note soll mit dem leichten Schlag des ersten Taktes beginnen und mit dem schweren Schlag des nächsten Taktes enden.
- Verwende Off-Beat Rhythmen: Du kannst Synkopen erzeugen, indem du Rhythmen verwendest, die nicht auf den starken Schlägen des Taktes basieren. Der klassische „Chop“ der Gitarre+Klavier im Reggae ist das beste Beispiel dafür – siehe das Video von unten.
Es ist wichtig, darauf zu achten, dass Synkopen ausgewogen eingesetzt und nicht übertrieben werden, da sie die Musik chaotisch klingen lassen können. Experimentiere mit den verschiedenen Techniken und höre, wie sie im Kontext deiner Komposition klingen.
In welchen Musikrichtungen werden Synkopen verwendet?
Synkopen werden in allen Musikrichtungen eingesetzt, besonders im Reggae, Jazz, Blues, Funk und Hip-Hop. Im Jazz wird die Synkope verwendet, um die Musik improvisiert und spontan wirken zu lassen. Im Funk und Hip-Hop wird diese verwendet, um den Groove zu erschaffen.
In Reggae und Ska findet man Synkopen überall: Diese Musikrichtungen basieren vollständig auf Off-Beat Betonungen. Die Gitarre spielt auf die 2 und die 4 des Taktes, das Schlagzeug lässt die 1 frei und betont die 3. Also genau das Gegenteil von dem, was man sonst aus der Rock- und Popmusik kennt.
Geschichte der Verwendung von Synkope in der Musik
Synkopen gehören seit dem Mittelalter zu den Grundlagen der Komposition. Schon die italienischen, deutschen und französischen Komponisten des Trecento im 14. Jahrhundert verwendeten Synkopen, wie z.B. das folgende Lied von Giovanni da Firenze.
In der Encyclopædia Britannica heißt es: „Das Repertoire der Weihnachtslieder aus dem 15. Jahrhundert ist eines der bedeutendsten Denkmäler der englischen Musik des Mittelalters[…] Die frühen Weihnachtslieder sind rhythmisch geradlinig, im modernen 6/8-Takt; später ist der Grundrhythmus im 3/4-Takt, mit vielen Kreuzrhythmen[…] wie im berühmten Agincourt-Lied ‚Deo gratias Anglia‘. Wie in anderer Musik dieser Zeit liegt der Schwerpunkt nicht auf der Harmonie, sondern auf Melodie und Rhythmus.„
Die Komponisten der Venezianischen Schule (einer Strömung der Renaissance), wie z.B. Claudio Merulo, verwendeten Synkopen in großem Umfang in seinen Toccatas.
Auch J. S. Bach benutzte die Synkope als grundlegendes Instrument für seine Kompositionen. Ein gutes Beispiel aus der Barockzeit ist diese Passage von Duet Aria in Cantata.
Hier entstehen Synkopen, indem Bach die Töne über den Takt hinaus bis zum nächsten Takt nachklingen lässt (Legato) und die nächste Betonung auf einen schwachen Taktschlag setzt.
Schubert, Beethoven, Haydn und Mozart verwendeten Synkopen, um ihre Sinfonien abwechslungsreicher zu gestalten. Ein hervorragendes Beispiel für die Verwendung von Synkopen im 3/4 Takt findet sich im Eröffnungssatz von Beethovens Symphonie Nr. 3, der sogenannten Eroica.
Beethoven verwendet hier ein 3/4 Takt, verwendet dann aber Synkopen, um es auf verschiedene Weise zu unterbrechen:
Methode 1: Indem man die Töne in einen schwachen Schlag des Taktes verschiebt, wie z.B. die erste Violinstimme in den Takten 7-9. Anstatt auf der 1 zu beginnen, gibt es eine Achtelpause und die erste Note liegt auf der „1 und“.
Methode 2: Indem er die Akzente auf die schwachen Schläge des Taktes legt, wie es in den Takten 25-26 und 28-35 der Fall ist. Er baut subito forte ein, was nichts anderes bedeutet als „plötzlich laut“ – diese Noten heben sich also dynamisch von den anderen ab.
Diese lange Sequenz von synkopierten subito forte taucht später in der Durchführung dieses Satzes in einer Passage auf. Antony Hopkins, einer der bekanntesten Pianisten der Welt, beschreibt diese Passage als „ein rhythmisches Muster, das die Eigenschaften eines normalen 3/4 Taktes einfach ignoriert„.
Methode 3: Indem er Pausen da einfügt, wo die Zuhörer normalerweise eine Note erwarten würde. Das ist die klassische Methode, die den Zuhörer immer wieder überrascht und das Lied interessant hält.
Problematik der Übertragung des Synkopenbegriffs außerhalb der westlichen Musik
Es ist umstritten, ob die Phrasierung und Betonung von Musikstilen außerhalb des westlichen Kulturkreises als Synkope bezeichnet werden kann. Das Konzept der Synkopierung basiert ja darauf, dass die Betonung unerwartet ist, eine „Störung oder Unterbrechung des regelmäßigen Flusses des Rhytmus„.
Bei Reggae ist der Offbeat alles andere als unerwartet – er bildet die Grundlage des Stiles. Es ist daher schwer zu sagen, ob die Offbeat-Schläge eines jeden Reggae-Liedes als Synkopen bezeichnet werden können.
Ein weiteres Beispiel: Die rhythmischen Formeln des Ragtime (Vorläufer des Jazz) aus dem späten 19. Jahrhundert wurden von der Mehrheit der europäischen und amerikanischen Hörer oft als synkopiert interpretiert, obwohl dies nicht die ursprüngliche Absicht war.
Dementsprechend ist es bei Musikstilen aus Afrika, der Karibik und Südamerika nicht immer möglich, eindeutig zu sagen, ob es sich tatsächlich um eine Synkope handelt. Es steht also jedem frei, dies so zu interpretieren, wie er möchte.