In der Musiktheorie beschreiben Intervalle die Abstände der Tonhöhe von zwei Noten. In der westlichen Musik gibt es insgesamt 12 verschiedene Töne innerhalb einer Oktave, darum gibt es 12 grundlegende Arten von musikalischen Intervallen. Jeder Ton hat den gleichen Abstand zu den zwei nächsten, und dieser wird gemessen in Halbtonschritte oder Cents.
Ein Halbton sind genau 100 Cent – auf dem Klavier ist ein Halbtonschritt der Abstand zwischen einer weißen und einer direkt daneben liegenden schwarzen Taste oder der Abstand zwischen H und C oder E und F. Auf der Gitarre entspricht jeder Bund einem Halbtonschritt.
Warum sind musikalische Intervalle so wichtig?
Jedes Intervall hat ihren eigenen Klang und ihre eigene Wirkung. Melodien bestehen letztendlich aus Intervallen, deshalb hat die Auswahl der Intervallen einen sehr großen Einfluss auf das Endresultat.
Wenn ich Melodien nur mit perfekten Quinten und Terzen komponiere, ist die Melodie schön, romantisch oder nostalgisch. Wenn ich aber Tritonus-Intervalle verwende, klingt meine Melodie plötzlich unheimlich und beängstigend.
Je nachdem, welche Intervalle ich für meine Melodie wähle, und wie ich sie miteinander kombiniere, wird diese eine ganz andere Stimmung und Wirkung haben.
Aber nicht nur Melodien bestehen aus Intervallen, sondern auch Akkorde! Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei Melodien die musikalischen Intervalle nacheinander gespielt werden (melodische Intervalle), während sie bei Akkorden gleichzeitig gespielt werden (harmonische Intervalle).
Auch hier gilt: Je nachdem, welche Intervallkombination man wählt, hat der Akkord eine ganz andere Wirkung. Ein Dur-Akkord, einer der fröhlichsten Akkorde überhaupt, besteht aus einer großen Terz und einer Quinte, beides sehr helle und fröhliche Intervalle. Ein verminderter Akkord hingegen besteht aus einer kleinen Terz und einer verminderten Quinte, einem traurigen und einem sehr spannungsgeladenen Intervall – dementsprechend klingen verminderte Akkorde sehr angespannt und unheimlich.
Intervallnamen
Intervallnamen bestehen aus zwei wichtige Eigenschaften: Aus der Nummer und aus der „Qualität“.
Intervall-Nummer
Intervalle in der westlichen Musik basieren auf heptatonische Tonleiter (Tonleiter mit sieben Stufen pro Oktave, davon 5 Ganztonschritte und 2 Halbtonschritte. Die Namen entstehen aus den lateinischen Ordinalzahlen dieser Stufen (prima = „die Erste“, secunda=“die Zweite“, tertia „die Dritte“, usw.)
Stufe der Tonleiter | Bezeichnung |
---|---|
1 | Prime |
2 | Sekunde |
3 | Terz |
4 | Quarte |
5 | Quinte |
6 | Sexte |
7 | Septime |
8 | Oktave |
9 | None |
10 | Dezime |
11 | Undezime |
12 | Duodezime |
13 | Tredezime |
14 | Quartdezime |
15 | Quintdezime oder Doppeloktave |
So bedeutet beispielsweise „eine Quarte aufwärts“ den Übergang von einem Ton zu dem, der drei Positionen weiter oben auf der Skala liegt, immer unter Bezugnahme auf die jeweilige Tonleiter als Referenzsystem.
Als Beispiel: Wir befinden uns in der C-Dur Tonart und ich will von D aus eine Quinte aufwärts gehen. Dafür muss ich einfach von D aus 4 Schritte nach oben in der Tonleiter gehen, und lande so beim A.
Intervall-Qualität
Je nachdem, wie viele Halbtonschritte der Unterschied zwischen unseren zwei Stufen der Tonleiter hat, erhält der Intervall einen anderen Namen. Die Qualität eines Intervalls kann rein, groß, klein, übermäßig oder vermindert sein.
Reine Intervalle (oder perfekte Intervalle)
Diese Intervalle werden so genannt, weil sie im Allgemeinen als vollkommen harmonisch empfunden werden, obwohl die Quarte dies nicht unbedingt ist. Im Gegensatz dazu klingen kleine, große, übermäßige und verminderte Intervalle weniger harmonisch.
Es gibt 4 Intervalle, die als rein bezeichnet werden: Das Unisono, die reine Quarte, die reine Quinte und die Oktave. Das Unisono und die Oktave sind immer perfekt, die meisten Quarten und Quinten auch. Perfekte Quarten haben 5 Halbtöne und perfekte Quinten 7 Halbtöne.
Große und kleine Intervalle
Ein großes Intervall ist das größere von zwei möglichen Intervallen einer bestimmten Tonart. Große Intervalle sind die große Sekunde, die große Terz, die große Sexte und die große Septime.
Ein kleines Intervall ist das kleinere von zwei möglichen Intervallen einer bestimmten Tonart. Kleine Intervalle sind die kleine Sekunde, die kleine Terz, die kleine Sexte und die kleine Septime.
Eine Sekunde, Terz, Sexte oder Septime ist groß, wenn die höhere Note in der Durtonleiter der tieferen Note liegt. Zum Beispiel: Die Terz zwischen G und H ist groß, weil H in der G-Dur-Tonleiter liegt.
Wenn wir ein großes Intervall um einen Halbton verkleinern, wird das Intervall klein. Deshalb ist die Terz zwischen G und B klein.
Übermäßige und verminderte Intervalle
Übermäßige und verminderte Intervalle entstehen in diatonischen Tonleitern, wenn ein reines Intervall um einen Halbton vermindert oder vergrößert wird. Sie können aber auch entstehen, wenn man kleine oder große Intervalle um einen Halbton erniedrigt oder erhöht – solche Intervalle kommen aber in der Tonleiter nicht natürlich vor.
Beispiel: Eine verminderte Quinte (6 Halbtöne) entsteht, wenn eine reine Quinte (7 Halbtöne) um einen Halbton vermindert wird. Eine übermäßige Quinte (8 Halbtöne) entsteht, wenn die reine Quinte um einen Halbton erhöht wird.
Frequenzverhältnisse
Eine weitere wichtige Eigenschaft von Intervallen ist das Frequenzverhältnis. Dieses beschreibt das Verhältnis der tatsächlichen Frequenzen der beiden Töne zueinander und ergibt sich aus der Division der höheren Frequenz durch die tiefere.
Beispiel: Die Musiknote A4 hat die Frequenz 440 Hz, die Note D5 die Frequenz 587,33. Das Intervall zwischen den beiden Noten ist eine perfekte Quarte (5 Halbtöne) und hat das Frequenzverhältnis 587.33Hz/440 Hz = 4/3.
Hier findest du die genauen Frequenzen aller Musiknoten.
Tabelle aller Intervallnamen
Nummer und Qualität ergeben dann die vollständigen Namen aller musikalischen Intervalle:
Intervallname | Halbtonabstand | Frequenzverhältnis |
---|---|---|
Prime/Unisono | 0 | 1/1 |
Kleine Sekunde | 1 | 16/15 |
Große Sekunde | 2 | 9/8 |
Kleine Terz | 3 | 6/5 |
Große Terz | 4 | 5/4 |
Perfekte Quarte | 5 | 4/3 |
Verminderte Quinte/Tritonus | 6 | 45/32 |
Perfekte Quinte | 7 | 3/2 |
Kleine Sexte/Übermäßige Quinte | 8 | 8/5 |
Große Sexte | 9 | 5/3 |
Kleine Septime | 10 | 9/5 |
Große Septime | 11 | 15/8 |
Oktave | 12 | 2/1 |
Natürlich gibt es musikalische Intervalle jenseits der Oktave, aber diese können durch Addition dieser 12 Intervalle konstruiert werden. Die Halbtöne und Cents werden addiert, aber die Frequenzverhältnisse werden multipliziert – sie verhalten sich also exponentiell.
Intervall | Frequenzverhältnis |
---|---|
1 Oktave | 2/1 |
2 Oktaven | 4/1 |
3 Oktaven | 8/1 |
Hörbeispiele
Hier findest du zu jedem Intervall ein Hörbeispiel: einmal als melodisches Intervall (zwei Töne nacheinander) und einmal als harmonisches Intervall (zwei Töne gleichzeitig).
Hörbeispiel für melodisches Intervall | Hörbeispiel für harmonisches Intervall | |
---|---|---|
Kleine Sekunde | ||
Große Sekunde | ||
Kleine Terz | ||
Große Terz | ||
Perfekte Quarte | ||
Verminderte Quinte/Tritonus | ||
Perfekte Quinte | ||
Kleine Sexte/Übermäßige Quinte | ||
Große Sexte | ||
Kleine Septime | ||
Große Septime | ||
Oktave |
Wie bestimme ich ein Intervall?
Fast alle Intervalle haben einen eindeutigen Namen, aber manche haben mehrere (8 Halbtöne können eine kleine Sexte oder eine übermäßige Quinte sein) – wie finde ich heraus, welcher Name richtig ist?
Zuerst musst du herausfinden, in welcher Tonart du dich befindest. Wenn du das weißt, zählst du von der ersten der beiden Noten aus (die erste Note ist die 1, die zweite die 2 usw.) und bewegst dich die Tonleiter nach oben oder unten, bis du die zweite Note erreichst.
Nehmen wir zum Beispiel die Tonart D-Dur und die Töne D und Ais. Um von D nach Ais zu kommen, muss ich 5 Schritte auf der Tonleiter nach oben gehen. Aber selbst dann lande ich nicht bei Ais, sondern bei A. Ich muss also noch einen Halbtonschritt nach oben gehen – wir haben also eine übermäßige Quinte (da Quinte + Halbton).
Wäre der Ton B statt Ais (in der Praxis ist es derselbe Ton), weil wir uns z.B. in Es-Dur befinden, würden wir von einer kleinen Sexte sprechen.
In der Praxis sind also eine kleine Sexte und eine übermäßige Quinte dasselbe, aber harmonisch gibt es einen Unterschied. Man muss immer die Tonart kennen, um den eindeutigen Namen zu bestimmen.
Welche Wirkung haben die verschiedenen Intervallen?
Musikalische Intervalle haben unterschiedliche emotionale Wirkungen, da sie jeweils einen ganz eigenen Klang haben.
- Unisono: Dieses Intervall vermittelt ein Gefühl von Einheit und Reinheit, da beide Töne die gleiche Tonhöhe haben.
- Kleine Sekunde: Dieses Intervall wird oft als dissonant und spannungsgeladen wahrgenommen.
- Große Sekunde: Ein stabiles, aber bewegtes Intervall, das häufig in Melodien verwendet wird.
- Kleine Terz: Dieses Intervall ist ein Hauptbestandteil des Mollakkordes und wird oft mit Traurigkeit oder Melancholie assoziiert.
- Große Terz: Ein wesentlicher Bestandteil des Dur-Akkords, der oft mit Fröhlichkeit oder Helligkeit assoziiert wird.
- Perfekte Quarte: Ein stabiles Intervall, das häufig in Harmonien verwendet wird.
- Tritonus: Auch bekannt als der „Teufelsintervall“, wird oft als dissonant und unruhig wahrgenommen.
- Perfekte Quinte: Ein sehr stabiles und angenehmes Intervall, das häufig in Harmonien verwendet wird.
- Kleine Sexte: Ein weiches und eher liebliches Intervall, das häufig in der romantischen Musik verwendet wird.
- Große Sexte: Ähnlich wie die kleine Sexte, hat aber einen etwas helleren, optimistischeren Klang.
- Kleine Septime: Oft als etwas unruhig und dissonant empfunden, ist sie ein wichtiger Bestandteil von Dominantseptakkorden.
- Große Septime: Kann dissonant wirken, ist aber ein wichtiger Bestandteil von Dur-Septakkorden und Jazzharmonien.
- Oktave: Wie das Unisono vermittelt auch die Oktave ein Gefühl von Einheit und Reinheit, da beide Töne die gleiche Tonhöhe haben, aber in verschiedenen Oktaven liegen.
Um den Effekt zu veranschaulichen, betrachten wir zwei Intervalle, die genau das Gegenteil bewirken: den Tritonus (dissonant und angespannt) und die reine Quinte (harmonisch und entspannt).
Der Song Black Sabbath der Metal-Band Black Sabbath verwendet das Tritonus-Intervall im Gitarrenriff, was eine sehr spannungsgeladene und beängstigende Atmosphäre erzeugt – eigentlich perfekt für düstere Heavy-Metal-Musik.
Bei Twinkle Twinkle Little Star finden wir dagegen eine perfekte Quinte als Intervall zwischen dem ersten und zweiten „Twinkle“ – wie du siehst, wirkt dieses Intervall viel fröhlicher und entspannter. Genau das richtige für ein Kinderlied!
Komponisten wählen also die Intervalle ihrer Melodien je nachdem, welche Stimmung oder welchen Effekt sie beim Zuhörer erzeugen wollen. Möchte ich eine düstere, dunkle Stimmung erzeugen, so sind kleine Sekunden oder Tritonus die geeigneten Intervalle; möchte ich aber ein fröhliches, motivierendes Lied komponieren, so sind Intervalle wie die große Terz oder die perfekte Quinte am besten geeignet.