Audio Kompressor verstehen: So wendest du ihn richtig in deinen Produktionen an

Der Audio Kompressor ist einer der wichtigsten Effekte in der Musikproduktion. Er wird in vielen Phasen der Produktion für viele verschiedene Instrumente verwendet. Aber weißt du wirklich, wie er funktioniert und was du damit alles machen kannst?
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Was ist ein Audio Kompressor?

Ein Kompressor ist ein Audio-Effektgerät, der dafür zuständig ist, den Dynamikbereich eines Audio-Tracks zu manipulieren. Der Dynamikbereich ist der Abstand zwischen den lautesten und den leisesten Part der Audio-Spur.

Ein Kompressor reduziert den Dynamikbereich, indem er die lautesten Teile leiser macht und die leisen Teile lauter erscheinen lässt. Das Ergebnis ist ein gleichmäßigerer Klang, der für den Zuhörer angenehm ist (solange man es nicht übertreibt und die gesamte Dynamik herausnimmt).

Wie funktioniert ein Audio Kompressor?

Audio Kompressoren haben immer einen Schwellwert (Threshold), der angibt, ab welcher Lautstärke der Kompressor zu arbeiten beginnt, und ein Verhältnis (Ratio), das bestimmt, wie stark das Signal komprimiert wird, wenn es den Schwellwert überschreitet. Ein Ratio von 4:1 bedeutet beispielsweise, dass das Ausgangssignal nur 1 dB über dem Threshold liegt, wenn das Eingangssignal den Threshold um 4 dB überschreitet. Je höher der Ratio, desto mehr wird das Signal komprimiert.

Diese Abbildung zeigt, wie sich die verschiedenen Ratios des Kompressors auf das Signal auswirken
Diese Abbildung zeigt, wie sich die verschiedenen Ratios des Kompressors auf das Signal auswirken

Dadurch werden die lautesten Parts (alles das, was über dem Threshhold liegt) komprimiert (also in der Lautstärke reduziert).

Aber warum werden die leisen Parts lauter gemacht?

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass ein Audio Kompressor die leisen Teile eines Audiosignals lauter macht. Was ein Kompressor tatsächlich tut, ist, die lauteren Teile des Signals leiser zu machen, um den Dynamikumfang zu verringern.

Nach der Kompression wird jedoch oft ein „Make-up Gain“ oder „Output Gain“ verwendet, um das Gesamtsignal wieder auf den gewünschten Pegel zu bringen, da das komprimierte Signal sonst viel leiser ist als das Original. Da die lauteren Teile des Signals nun leiser sind, sieht es so aus, als ob die leiseren Teile lauter gemacht wurden. In Wirklichkeit ist aber die gesamte Spur, einschließlich der zuvor lauten Teile, die aber jetzt komprimiert wurden, lauter geworden.

So sieht eine Audiospur vor der Komprimierung, nach der Komprimierung und nach der Komprimierung mit Output Gain aus.
So sieht eine Audiospur vor der Kompression, nach der Kompression und nach der Kompression mit Output Gain aus. Wie man sieht, sind die leiseren Teile am Ende lauter als am Anfang, während die lauteren Teile mehr oder weniger gleich laut geblieben sind.

Durch die Komprimierung und anschließende Anhebung des Signals werden die leisen Teile des Tracks an die Lautstärke der lauten Teile angenähert, was oft als Anhebung der leisen Teile wahrgenommen wird.

Auch interessant: Schlagzeug aufnehmen – Eine Schritt-für-Schritt Anleitung

Parameter eines Kompressors

Die verschiedenen Parameter eines Audio Kompressors (Waves CLA-76)
Die verschiedenen Parameter eines Audio Kompressors (Waves CLA-76)

Grundsätzlich gibt es 6 wichtige Parameter in einem Audio Kompressor, die man einstellen kann:

  1. Schwellenwert (Threshold oder Input): Dies ist der Pegel, ab dem die Kompression einsetzt. Wenn das Audiosignal diesen Wert überschreitet, wird die Kompression aktiviert. Ein niedrigerer Threshold bedeutet, dass ein größerer Teil des Audiosignals komprimiert wird, da die Grenze niedriger liegt.
  2. Verhältnis (Ratio): Gibt an, wie stark das Signal komprimiert wird, wenn es den Schwellwert überschreitet. Ein Verhältnis von 8:1 bedeutet beispielsweise, dass das Ausgangssignal nur 1 dB über dem Schwellwert liegt, wenn das Eingangssignal den Threshold um 8 dB überschreitet. Ein größeres Verhältnis bedeutet eine stärkere Kompression.
  3. Attack-Zeit: Dies ist die Zeit, die der Kompressor benötigt, um auf ein Überschreiten des Schwellwertes zu reagieren und mit der Kompression zu beginnen. Eine kurze Attack-Zeit bedeutet, dass die Kompression schnell einsetzt, was hilfreich ist, um abrupte Pegelspitzen zu kontrollieren. Eine längere Attack-Zeit lässt mehr vom Originalsignal durch, bevor die Kompression einsetzt, was zu einem natürlicheren Klang führt, da mehr Transienten des Originalsignals unkomprimiert durchgelassen werden.
  4. Release-Zeit: Dies ist die Zeit, die der Kompressor benötigt, um die Kompression zu stoppen, nachdem das Signal unter den Schwellwert gefallen ist. Eine kurze Release-Zeit führt dazu, dass der Kompressor schneller aufhört zu komprimieren, was zu einem unregelmäßigen Klang führen kann (bekannt als „Pumpen“). Eine längere Release-Zeit hält das Signal länger komprimiert.
  5. Make-up Gain oder Output Gain: Nach der Kompression kann der Output Gain verwendet werden, um das gesamte Signal auf den gewünschten Pegel anzuheben. Dadurch werden die leisen Teile des Signals an die Lautstärke der lauten Teile angenähert.
  6. Knee: Einige Kompressoren haben eine Einstellung namens „Knee“, die bestimmt, wie der Kompressor reagiert, wenn das Signal den Schwellwert erreicht.
knee 1

Bei einem Hard-Knee beginnt die Kompression sofort und mit voller Stärke, sobald das Signal den Schwellwert überschreitet. Dies ist besonders nützlich, wenn abrupte Spitzen oder besonders laute Transienten in einem Audiosignal schnell und effektiv reduziert werden sollen. Es kann aber auch zu einem unnatürlichen oder „harten“ Klang führen, da der Übergang vom unkomprimierten zum komprimierten Signal sehr abrupt ist.

Bei einem Soft-Knee setzt die Kompression langsam und progressiv ein, während sich das Signal dem Schwellwert nähert, und erreicht ihre volle Stärke erst, wenn das Signal den Schwellwert um einen bestimmten Pegel überschritten hat. Dies führt zu einem natürlicheren und weicheren Klang, da der Übergang vom unkomprimierten zum komprimierten Signal sanfter ist. Es ist jedoch weniger effektiv bei der Kontrolle abrupter Pegelspitzen, da es einige Zeit dauert, bis die volle Kompression einsetzt.

Wozu braucht man einen Audio Kompressor?

Kompressoren sind sehr vielseitig, da sie eine Menge Funktionen erfüllen können. Neben dem Lautstärkeausgleich dienen sie auch der allgemeinen Lautstärkenanhebung und der Manipulation von Transienten einer Audiospur.

Lautstärkeausgleich

In modernen Produktionen der meisten Genres (außer Klassik) wird ein gewisser Dynamikumfang der Musik erwartet, der nicht besonders groß ist. Das heißt, das Lied soll möglichst gleich Laut über der gesamten Länge klingen – natürlich soll es da Höhen und Tiefen geben, aber der Dynamikumfang beträgt um die 6 dB.

Das bedeutet, dass viele Instrumente und die Stimme komprimiert werden müssen, damit die Unterschiede zwischen den lautesten und leisesten Stellen nicht zu groß werden. Beim Gesang ist dies besonders wichtig, da die Stimme von Natur aus einen großen Dynamikumfang hat. Wenn man hoch singt, singt man in der Regel lauter als wenn man tief singt – und ein Kompressor kann diese Unterschiede sehr gut korrigieren.

Mit einem Audio Kompressor können wir auch sicherstellen, dass Bass Drum und Snare Drum bei jedem Schlag immer gleich laut klingen. Das gibt dem Track mehr „Stabilität“ und Einheitlichkeit – ein Muss für jede moderne Rock-, Pop-, EDM- oder Hip-Hop-Produktion.

Hier ist eine Tabelle mit den üblichen Dynamikumfängen populärer Musik. (Es handelt sich um Durchschnittswerte, Ausnahmen gibt es immer):

GenreDynamikumfang
Pop und Rock6 bis 8 dB
Hip-Hop und Elektronische Musik5 dB oder weniger
Klassische Musik und Jazz12 bis 14 dB
Country und Folk8 bis 10 dB

Allgemeine Lautstärkeanhebung

Wie bereits erwähnt, kann ein Audio Kompressor die Gesamtlautstärke erhöhen, indem er die lautesten Pegel absenkt und die Gesamtlautstärke über den Makeup Gain erhöht. Dadurch bleiben die lautesten Teile gleich laut (aber ohne die Spitzen), aber die leiseren Teile werden lauter.

Das Resultat ist, dass die durchschnittliche oder „effektive“ Lautstärke der Audiospur höher ist, obwohl die tatsächliche maximale Lautstärke (oder der Pegel) nicht unbedingt erhöht wurde. Das führt zu einer erhöhten „empfundenen“ Lautstärke, da der Großteil der Audiospur nun lauter klingt.

Dieses Verfahren wird vor allem beim Mastering eingesetzt. Dazu werden Kompressoren mit sehr hohen Ratios, auch Limiter genannt, eingesetzt, weil sie die lauten Pegeln komplett abschneiden können.

Transientenbearbeitung einer Spur

Transienten sind die anfänglichen Spitzenpegel oder „Attack“-Phasen von Klängen, die sehr schnell auftreten und kurz sind, wie das sofortige Anschlagen einer Snare-Drum oder einer Gitarrensaite. Sie sind oft sehr laut im Vergleich zum restlichen Klang und spielen eine wichtige Rolle bei der Definition des Charakters und des Timbres eines Klangs.

Ein Audio Kompressor kann dazu genutzt werden, Transienten in einer Audiospur zu manipulieren, indem er diese Spitzen dämpft oder akzentuiert.

Wählt man eine lange Attack-Zeit, greift der Kompressor später ein, sodass die ersten Transienten des Klangs durchgelassen werden. Wenn man dann komprimiert und die Lautstärke ausgleicht, werden diese Transienten lauter, während der Rest des Tons komprimiert wird.

Auf diese Weise werden die Anfangstransienten effektiv angehoben und betont. Diese Technik wird gerne bei Drum-Tracks (insbesondere Kick und Snare) eingesetzt, um diesen mehr „Punch“ zu verleihen.

Das funktioniert aber auch umgekehrt: Wählt man eine schnelle Attack-Zeit, werden die Anfangstransienten mit eingefangen und reduziert. Das nimmt dem Sound zwar etwas von seinem „Punch“, was man eigentlich nicht möchte, aber in manchen Situationen ist es hilfreich. Zum Beispiel bei Gitarren, die zu „spitz“ klingen und mehr in den Hintergrund treten sollen.

Wie stelle ich den Audio Kompressor ein?

Als Erstes sollte man sich überlegen, warum man den Kompressor einsetzt und was man damit erreichen will. Denn je nach Ziel sind unterschiedliche Einstellungen notwendig. Hier sind einige Situationen, in denen ein Kompressor nützlich ist, und die verschiedenen Einstellungen, die du dafür benötigst.

Kompression der Vocals für einen homogenen Klang

Bei Pop-, Rock- oder Hip-Hop-Musik werden die Vocals meist komprimiert, um einen homogenen Klang über den gesamten Track zu erreichen. Dazu wird in der Regel eine mittlere Attackzeit und eine schnelle Releasezeit gewählt, um die Transienten der Stimme möglichst wenig zu verändern.

CLA-76 Einstellungen für Vocal-Compression
CLA-76 Einstellungen für Vocal-Compression

Dann drehe den Threshhold langsam runter, bis die gewünschte Kompression erreicht ist. Wenn die Vocals viel Kompression brauchen, empfehle ich, mehrere Kompressoren hintereinander zu schalten, sodass jeder 3-4 dB Gain reduziert. Das klingt natürlicher, als wenn man nur einen Kompressor hat, der 8 dB Gain reduziert.

Es ist auch empfehlenswert, ein niedriges Ratio (z.B. 2:1 oder 4:1) und einen etwas niedrigeren Threshold zu wählen, um die gewünschte Kompression zu erreichen – dies klingt auch natürlicher als die gleiche Menge an Kompression mit einem höheren Ratio und einem höheren Threshold.

Anschließend musst du die Lautstärke mit Makeup Gain ausgleichen, um die Stimme wieder auf den für deinen Mix erforderlichen Pegel zu bringen.

Diese Technik kann auch für Gitarren, Klaviere oder andere Instrumente angewendet werden, die in der Lautstärke homogener klingen sollen.

Drum-Kompression für mehr Punch

In modernen Musikproduktionen werden Schlagzeugspuren oft stark komprimiert, damit sie richtig druckvoll klingen. Denn druckvolle Drums sind wichtig für einen soliden Beat im Song.

Dazu wählt man eine langsame Attack-Zeit und eine schnelle Release-Zeit, um die anfänglichen Transienten durchzulassen und stärker zu betonen. Je höher das Ratio, desto mehr „Punch“ bekommt der Sound, aber man sollte es auch nicht übertreiben, damit die Spur nicht gequetscht klingt. Ein Ratio von 4:1 oder 8:1 ist ein guter Startpunkt.

CLA-76 Einstellungen für mehr Punch auf die Drums
CLA-76 Einstellungen für mehr Punch auf die Drums

Dann wieder das Gleiche: Threshhold langsam herunterdrehen, bis die gewünschte Kompression erreicht ist, dann mit Makeup Gain kompensieren.

Wenn man sehr viel Punch braucht, kann man auch mit paralleler Kompression arbeiten: Bei dieser Technik wird die Spur extrem stark komprimiert und dann die komprimierte mit der unkomprimierten Spur zusammengemischt. Dafür kannst du die gleichen Einstellungen wählen, aber mit einem sehr hohen Ratio (20:1).

Manche Kompressoren haben einen Dry/Wet-Regler, mit dem man die unkomprimierte und die komprimierte Spur mischen kann – wenn nicht, muss man mit Aux-Spuren arbeiten oder die Spur duplizieren.

Diese Techniken können auch auf andere Instrumente (z.B. Bass) angewendet werden, wenn du das Gefühl hast, dass diese mehr Punch brauchen. Sie kann auf einzelne Instrumente oder auf ganze Gruppen angewendet werden.

Subtile Kompression auf den gesamten Mix

Häufig wird in der Mixing-Phase (oder auch beim Mastering) ein Kompressor auf den Master-Bus geschaltet, der die einzelnen Elemente des Mixes zu einem einheitlichen, professionell klingenden Ganzen verbindet.

Master Bus Compression Einstellungen für den Waves SSL G-Master Bus Compressor
Master Bus Compression Einstellungen für den Waves SSL G-Master Bus Compressor

Dabei muss man aber sehr vorsichtig sein, denn ein Kompressor auf dem gesamten Mix kann bei falscher Einstellung viel kaputt machen. Am besten wählt man ein möglichst niedriges Ratio (1,5:1 oder 2:1) und ein langes Attack (ca. 30ms), damit alle Transienten unkomprimiert durchkommen. Das Release sollte individuell eingestellt oder einfach auf „Auto“ gestellt werden – wichtig ist, dass kein Pump-Effekt entsteht.

Zuletzt sollte die Kompression mit Makeup Gain kompensiert werden, indem die Verstärkung um 1-2 dB erhöht wird.

Ein Trick für die Einstellung des Audio Kompressor

Die meisten Kompressoren färben das Signal auf eine bestimmte Art und Weise (oft werden sie aus diesem Grund bevorzugt, besonders Röhrenkompressoren), aber wenn du dir nicht sicher bist, wie genau sie dein Signal färben, weil du vielleicht noch nicht so viel Erfahrung hast, solltest du folgendes ausprobieren.

Du drehst den Threshold sehr weit nach unten, sodass der Kompressor extrem stark komprimiert, um zu hören, wie er das Signal verfärbt. Bei extremen Einstellungen ist die Verfärbung viel deutlicher und offensichtlicher als bei subtilen Einstellungen – so kannst du gut beurteilen, ob dieser Audio Kompressor für diese Situation geeignet ist. Danach kann der Threshold wieder auf einen normalen Wert eingestellt werden.

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