Was ist der Quintenzirkel?
Der Quintenzirkel (auch Quartenzirkel genannt) ist eine grafische Darstellung der 12 Dur- und Molltonarten in Quintenabständen, die eine Menge von Informationen liefert. Der Quintenzirkel hilft uns, die Vorzeichen einer Tonart schnell zu erkennen. Er hilft uns aber auch, Akkorde zu bauen, die Pentatonik zu finden oder in verschiedenen Tonarten zu harmonisieren.
Den Quintenzirkel kann man schnell lernen und bei Bedarf aufschreiben, denn jede Tonart ist immer eine Quinte von der nächsten entfernt – man muss also immer nur eine Quinte (7 Halbtöne) nach oben gehen, um in die nächste Tonart zu gelangen.
Man beginnt immer oben in der Mitte bei C-Dur und bewegt sich im Kreis in Quintenschritten im Uhrzeigersinn. Jeder Schritt im Uhrzeigersinn bedeutet ein Kreuz mehr. Geht man aber gegen den Uhrzeigersinn im Quintenzirkel, so bewegt man sich in Quartenabständen und bei jedem Schritt kommt ein ♭-Zeichen hinzu.
Der äußere Kreis zeigt die Durtonarten und der innere Kreis die parallelen Molltonarten, die immer 3 Halbtöne unter der Durtonart liegen. So kannst du schnell die Paralleltonarten finden, ohne rechnen zu müssen.
Quintenzirkel PDF
Hier kannst du dir den Quintenzirkel als PDF-Datei im A4-Format herunterladen und ausdrucken, falls du ihn dir zum Auswendiglernen an die Wand hängen möchtest.
Verwendung des Quintenzirkels
Dur-Tonarten mit Kreuz-Vorzeichen bestimmen
Wir beginnen im Quintenzirkel ganz oben in der Mitte bei C-Dur, da diese Tonart keine Vorzeichen hat. Von hier aus bewegst du dich im Uhrzeigersinn, um die Tonarten mit Vorzeichen zu finden. Jedes Mal, wenn du einen Schritt weiter gehst, fügst du ein Vorzeichen hinzu.
Tonart | Anzahl der Kreuze | Welche Kreuze? |
C-Dur | 0 | keine |
G-Dur | 1 | F# |
D-Dur | 2 | F#, C# |
A-Dur | 3 | F#, C#, G# |
E-Dur | 4 | F#, C#, G#, D# |
H-Dur | 5 | F#, C#, G#, D#, A# |
Fis-Dur | 6 | F#, C#, G#, D#, A#, E# |
Wie du siehst, liegt der Grundton der Tonart immer einen Halbton über dem letzten Vorzeichen – so kannst du auch umgekehrt arbeiten: Wenn du nur die Vorzeichen hast, aber die Tonart nicht kennst, kannst du sie mit dieser Methode auch gut bestimmen.
Als Beispiel: Wenn du 3 Vorzeichen hast (F#, C#, G#), dann weißt du, dass die Tonart A-Dur ist (weil wir von G# einen Halbtonschritt nach oben zum A kommen).
Dur-Tonarten mit ♭-Vorzeichen bestimmen
Um im Quintenzirkel die Tonarten mit dem Vorzeichen ♭ zu finden, beginnen wir wieder bei 12 Uhr in C-Dur. Jetzt gehen wir aber gegen den Uhrzeigersinn vor (in Quartenabständen) und fügen bei jedem Schritt ein weiteres ♭-Zeichen hinzu.
Tonart | Anzahl der b’s | Welche ♭’s? |
C-Dur | 0 | keine |
F-Dur | 1 | B |
B-Dur | 2 | B, E♭ |
Es-Dur | 3 | B, E♭, A♭ |
As-Dur | 4 | B, E♭, A♭, D♭ |
Des-Dur | 5 | B, E♭, A♭, D♭, G♭ |
Ges-Dur | 6 | B, E♭, A♭, D♭, G♭, C♭ |
Auch hier gibt es einen Trick, um aus den Vorzeichen die richtige Tonart zu erkennen: Der Grundton der Tonart ist der vorletzte ♭-Zeichen. Wenn nur 1 ♭-Zeichen vorliegt, dann ist es immer F-Dur.
Als Beispiel: Wenn es 4 ♭-Zeichen in unseren Musiknoten gibt (B, E♭, A♭, D♭), dann ist die Tonart As-Dur, weil As unser vorletztes Vorzeichen ist.
Mehr als 5 Vorzeichen: Enharmonische Tonarten
Theoretisch fehlen im Quintenzirkel einige Tonarten. Wo ist zum Beispiel Gis-Dur oder Cis-Dur?
Diese Tonarten werden durch die entsprechenden enharmonischen Tonarten dargestellt, die in der Praxis die gleichen Töne enthalten, aber anders benannt sind. So hätte z.B. Cis-Dur theoretisch 7 Vorzeichen # und wäre damit sehr kompliziert zu lesen. Die enharmonische Tonart Des-Dur hat jedoch nur 5 b-Vorzeichen und ist daher einfacher zu spielen, weshalb in der Regel die Tonart mit den wenigsten Vorzeichen gewählt wird.
Merksätze für den Quintenzirkel
Mithilfe von Merksätzen kann man den Quintenzirkel schnell lernen. Für die Tonarten mit dem Vorzeichen # kann man sich folgenden Satz merken:
Geh Du Alter Esel Hole Fisch
Das erste Wort beginnt mit G, also steht G an erster Stelle und hat daher nur ein Kreuz; das zweite Wort beginnt mit D, also steht D an zweiter Stelle und hat daher zwei Kreuze; A steht an dritter Stelle und hat daher drei Kreuze, usw.
Für die Tonarten mit b-Vorzeichen gibt es folgenden Merksatz:
Frische Brötchen Essen Asse Des Gesangs
Auch hier gilt: Das erste Wort beginnt mit F und steht an erster Stelle, also hat F nur ein ♭; das zweite Wort beginnt mit B und steht an zweiter Stelle, also hat B-Dur zwei ♭; Es steht an dritter Stelle, also hat die Tonart drei ♭, usw.
Molltonarten bestimmen
Die Molltonarten liegen auf der Innenseite des Quintenzirkels und stehen immer direkt neben der parallelen Durtonart. Die Molltonart liegt immer 3 Halbtöne (eine kleine Terz) unter der Durtonart.
Molltonarten haben die gleiche Anzahl von Vorzeichen wie ihre parallelen Durtonarten – wie kann man also anhand der Vorzeichen feststellen, um welche Tonart es sich handelt?
Normalerweise reicht es aus, den letzten Takt des Liedes zu betrachten, um zu sehen, was die letzte Note ist, da dies normalerweise der Grundton des Liedes ist. Lieder enden normalerweise auf dem Grundton, um ein Gefühl der Auflösung zu vermitteln (mehr dazu in meinem Artikel über musikalische Kadenzen).
Wenn ich also ein Stück mit zwei Kreuzen habe, weiß ich, dass die Tonart entweder D-Dur oder H-Moll ist. Dann schaue ich mir die letzte Note an – wenn es ein D ist, sind wir in D-Dur, und wenn es ein H ist, sind wir in H-Moll.
Tonleiter-Konstruktion mit dem Quintenzirkel
➔ Hier geht es zum ausführlichen Artikel über Tonleitern
Wir können den Quintenzirkel auch verwenden, um die Töne von Moll oder Dur Tonleitern zu finden.
Die Dur-Tonleiter mit dem Quintenzirkel finden
Aus dem Quintenzirkel herauszufinden, welche Noten die Durtonleiter bilden, ist ganz einfach. Für die Tonart G-Dur musst du zum Beispiel nur die folgenden Schritte ausführen:
- Wir suchen nach der Anfangsnote, in diesem Fall G.
- Einen Schritt nach links gehen (gegen den Uhrzeigersinn). In diesem Fall landet man bei C.
- Die 7 Noten ab C im Uhrzeigersinn bilden die Dur-Tonleiter von G.
Die Moll-Tonleiter mit dem Quintenzirkel finden
Um die natürliche Molltonleiter zu erhalten, müssen wir wieder mit den parallelen Tonarten arbeiten. Die Molltonleiter hat die gleichen Töne wie die parallele Durtonleiter, beginnt aber auf der sechsten Stufe.
Als Beispiel nehmen wir D-Moll. Um die Molltonleiter zu erhalten, gehen wir wie folgt vor:
- Zuerst suchen wir unseren Grundton auf dem inneren Kreis, in diesem Fall D.
- Dann suchen wir die Dur-Parallele, die direkt daneben auf dem äußeren Kreis liegt. In diesem Fall wäre es F.
- Wir gehen einen Schritt nach links (gegen den Uhrzeigersinn), für F wäre das B.
- Die 7 Noten ab B im Uhrzeigersinn sind die F-Dur-Tonleiter und damit auch die D-Moll-Tonleiter.
Akkordaufbau mit dem Quintenzirkel
Bevor man mit der Bildung von Akkorden beginnt, muss man sich über zwei Begriffe im Klaren sein:
- Ein Dur-Akkord besteht aus dem Grundton, der großen Terz und der Quinte.
- Ein Mollakkord besteht aus dem Grundton, der kleinen Terz und der Quinte.
Konstruktion eines Durakkordes mit dem Quintenzirkel
Der Aufbau eines Dur-Akkords ist sehr einfach, denn der Grundton und seine Quinte sind Nachbarn. Du gehst also vom Grundton im Uhrzeigersinn einen Schritt weiter, und schon hast du die Quinte des Akkords. Um den fehlenden Ton, die Terz, zu finden, schaust du einfach, welcher Ton unter dieser Quinte im inneren Kreis liegt (also der Moll-Parallelton).
Zum Beispiel, um den D-Dur-Akkord zu bauen:
- Zuerst suchen wir D im äußeren Kreis, das ist unser Grundton.
- Seine Quinte ist die nächste Note, wenn man im Uhrzeigersinn einen Schritt weitergeht, in diesem Fall ein A.
- Seine große Terz befindet sich direkt daneben im inneren Kreis (Moll-Parallelton).
Unser Dur-Akkord besteht also aus D – F# – A.
Bau eines Moll-Akkords mit dem Quintenzirkel
Auch der Aufbau eines Moll-Akkordes ist sehr einfach, wenn man sich den Quintenzirkel genauer anschaut. Die kleine Terz ist der Parallelton zu Dur und die Quinte liegt einen Schritt im Uhrzeigersinn vom Grundton entfernt.
Als Beispiel betrachten wir den G-Moll-Akkord.
- Zuerst suchen wir G auf dem inneren Kreis, das ist unser Grundton.
- Die Quinte findet man, wenn man vom Grundton aus einen Schritt im Uhrzeigersinn geht, in diesem Fall kommt man auf D.
- Die kleine Terz ist der Dur-Parallelton des Grundtons, also gehen wir einfach vom Grundton nach außen und landen in diesem Fall bei B.
Unser Moll-Akkord besteht also aus G – B – D.
Pentatonische Tonleiter bauen mit dem Quintenzirkel
Mit dem Quintenzirkel ist es ganz einfach, die pentatonischen Tonleitern zu finden. Wir beginnen mit der Dur-Pentatonik.
Dur-Pentatonik aus dem Quintenzirkel herausfinden
Um die Dur-Pentatonik zu bestimmen, muss man nur den Grundton im äußeren Kreis des Quintenzirkels finden. Dieser und die vier folgenden Töne im Uhrzeigersinn bilden die Dur-Pentatonik.
Wenn wir zum Beispiel die pentatonische Tonleiter von A erhalten wollen, suchen wir diese Note im äußeren Kreis und die folgenden 4 bilden mit A ihre pentatonische Tonleiter: A, E, H, F# und C#.
Moll-Pentatonik aus dem Quintenzirkel herausfinden
Der Prozess ist für die Moll-Pentatonik sehr ähnlich. Da die Moll-Pentatonik dieselben Noten wie die relative Dur-Pentatonik enthält, muss man lediglich folgende Schritte machen:
- Wir suchen den Grundton der gesuchten Moll-Pentatonik im inneren Kreis.
- Wir gehen im Quintenzirkel einen Schritt nach außen, zur parallelen Durtonart.
- Ausgehend von der Dur-Paralleltonart zählen wir weitere 4 Schritte nach rechts. Diese 5 Töne bilden die Moll-Pentatonik unseres Ausgangstons.
Als Beispiel hier die Ermittlung der Pentatonik in e-Moll:
Harmonisierung der Dur-Tonleiter
Der Quintenzirkel kann noch viel mehr – er kann uns helfen, die richtigen Akkorde für jede Tonart zu finden, und mit einer einfachen Regel findest du Dur-, Moll- und sogar verminderte Akkorde. Da die Durtonleiter aus 7 Akkorden besteht, musst du 7 Schritte machen, um alle Akkorde zu finden.
Wir nehmen als Beispiel die Tonart D-Dur:
- Zuerst suchen wir das D-Dur im äußeren Kreis, das ist unsere Tonika.
- Die fünfte Stufe, die Dominante, ist ein Schritt weiter im Uhrzeigersinn, in diesem Fall A-Dur.
- Die vierte Stufe, die Subdominante, ist ein Schritt gegen den Uhrzeigersinn weiter, in diesem Fall G-Dur.
- Die zweite Stufe ist die Subdominantparallele, also der Mollparallelton der vierten Stufe, in diesem Fall e-Moll.
- Die dritte Stufe ist die Dominantparallele, d.h. der Mollparallelton der fünften Stufe, in unserem Fall fis-Moll.
- Die sechste Stufe ist die Parallele zur Tonika, sie liegt also auf dem inneren Kreis neben der Tonika. In unserem Fall ist es h-Moll.
- Die siebte Stufe ist der Leitton und steht rechts von der dritten Stufe, also rechts von unseren 6 Moll- und Durakkorden. Die siebte Stufe, cis, ist vermindert.
Und wenn du genau hinsiehst, ergibt alles einen Sinn:
- Die erste, vierte und fünfte Stufe sind Dur-Akkorde und liegen daher im äußeren Kreis. Die vierte und fünfte Stufe sind eine Quinte bzw. eine Quarte vom Grundton entfernt und stehen daher unmittelbar nebeneinander.
- Der zweite, dritte und sechste Akkord sind Moll-Akkorde und liegen im inneren Kreis. Sie sind die Moll-Paralleltonarten der ersten, vierten und fünften Stufe und liegen daher direkt daneben im inneren Kreis.
- Die Septime ist vermindert und befindet sich im inneren Kreis.
Übrigens: Die gegenüberliegenden Töne im Quintenzirkel bilden einen Tritonus, das sogenannte Teufelsintervall, das die Oktave genau halbiert.
Harmonisierung der natürlichen Molltonleiter
Die Harmonisierung der Molltonleiter ist mit Hilfe des Quintenzirkels ebenfalls ein Kinderspiel und die Methode ist der der Dur-Akkorde sehr ähnlich, wenn nicht sogar gleich.
Wir schauen uns als Beispiel die Harmonisierung von der e-Moll-Tonart:
- Zuerst finden wir e-Moll im inneren Kreis, das ist unser Grundton.
- Die fünfte Stufe (Dominante), h-Moll, ist einen Schritt im Uhrzeigersinn entfernt.
- Die vierte Stufe (Subdominante), a-Moll, ist einen Schritt gegen den Uhrzeigersinn entfernt.
- Die sechste Stufe ist C-Dur, die Dur-Parallele der vierten Stufe, also außerhalb von a.
- Die dritte Stufe ist G-Dur, die Dur-Parallele der Tonika, also außerhalb von e.
- Die siebte Stufe liegt über der fünften Stufe, D-Dur, weil sie die Dur-Parallele der fünften Stufe ist.
- Die zweite Stufe, die verminderte Stufe, ist diejenige, die an die fünfte Stufe angrenzt: fis.
Und wieder macht das alles Sinn:
- Der erste, vierte und fünfte Akkord sind Moll-Akkorde und stehen daher im inneren Kreis. Der vierte und der fünfte Akkord sind eine Quinte bzw. eine Quarte vom Grundton entfernt und stehen daher an jeder Seite des Grundtons.
- Die Terz, die Sexte und die Septime sind Dur-Akkorde und befinden sich im äußeren Kreis, direkt über die erste, vierte und fünfte Stufe, weil das die Dur-Paralleltonarten sind.
- Die zweite Stufe ist vermindert und befindet sich auf dem inneren Kreis.
Fazit
Der Quintenzirkel zeigt uns, dass Musik und Mathematik in ihrem Wesen nicht getrennt sind, sondern Ausdrucksformen desselben universellen Prinzips – der Suche nach Harmonie, Ordnung und Schönheit in der uns umgebenden Welt. Der Quintenzirkel ist daher mehr als nur ein Werkzeug für Musiker und Komponisten. Er ist ein Symbol für die untrennbare Verbindung von Kunst und Wissenschaft, von Gefühl und Logik, von Kreativität und Struktur.
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